Wiener E-Scooter-Regelung landet vor Gericht: Betreiber "Voi" muss warten

46-195946198
Ab 1. Mai wollte die Stadt Wien die Konzessionen für Leih-E-Scooter neu vergeben. Jetzt erhebt ein Bewerber Einspruch. Der Zeitplan verschiebt sich um mindestens drei Monate. Der neue Verleiher „Voi“ muss warten.

Schon kommenden Montag hätten die neuen, strengeren Regeln für Leih-E-Scooter in Wien in Kraft treten sollen. Stattdessen sind nun die Gerichte am Zug.

Die Stadt Wien hat für den künftigen Betrieb vier Scooter-Verleiher mittels EU-weiter Ausschreibung gesucht – und gefunden: „Voi“, „Bird“, „Lime“ und „Link“ haben, wie Insider bestätigen, den Zuschlag erhalten. Nur eine offizielle Bestätigung der Stadt stand noch aus.

Mehr dazu lesen Sie hier: Neue Wiener E-Scooter-Verleiher sollen schon feststehen

Zu dieser wird es vorerst auch nicht kommen. Denn ein fünfter Bewerber, der im Verfahren unterlag, hat Einspruch erhoben. Es handelt sich, wie der KURIER erfuhr, um das Unternehmen „Tier Mobility“, das derzeit noch im Stadtgebiet unterwegs ist.

Nachprüfungsverfahren

„Es kommt zu einem so-genannten Nachprüfungsverfahren vor Gericht“, heißt es aus dem Büro der Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ). Die Entscheidung über die Vergabe der Konzessionen werde sich deshalb um mindestens drei Monate verzögern.

Mehr dazu lesen Sie hier: Wiener Scooter-Regelung geht vor Gericht: Verzögerung um drei Monate

Einsprüche dieser Art seien durchaus üblich, heißt es aus dem Büro der Stadträtin. „Tatenlos zusehen“ wolle man während der drei Monate deshalb aber nicht. Mitte nächster Woche wird eine „Übergangsregelung“ mit „strengeren Vorgaben“ für die aktuellen Verleiher präsentiert. Diese dürfen in dem Zeitraum nämlich weiterhin ihre E-Roller verleihen. Lösen will die Stadt mit der Übergangsregelung vor allem die drängende Abstellproblematik, heißt es.

Mit Helm und Blinker

Für den einzigen neuen Betreiber „Voi“ – der dem KURIER Einblicke in seine Wien-Strategie gab – bedeutet der Einspruch vor allem eines: Warten. Die schwedische Firma darf ihre E-Scooter erst nach dem Nachprüfungsverfahren in Wien abstellen. Und das, obwohl „Voi“ im Auswahlverfahren überzeugte. 98 von 100 möglichen Punkten habe das Unternehmen erreicht, berichtet Katharina Schlittler, Österreich-Chefin des Unternehmens im KURIER-Gespräch.

Mehr dazu lesen Sie hier: Neue E-Scooter-Regeln in Wien: Welche Anbieter künftig noch fahren dürfen

Großes Augenmerk will „Voi“ auf die Sicherheit legen. Vor allem der Helm spielt eine zentrale Rolle: „Wir werden allen, die sich auf der Plattform anmelden und zu unserem Fahrsicherheitstraining kommen, einen Helm schenken“, sagt Schlittler. Zudem gebe es in der App die Möglichkeit, ein Helm-Selfie von sich zu machen und damit Geld zu sparen. „Einen Euro pro Helm-Foto“, sagt sie.

Wiener E-Scooter-Regelung landet vor Gericht: Betreiber "Voi" muss warten

Eine gute Idee. In Österreich ist Helmtragen derzeit nämlich alles andere als im Trend. Nur 17 Prozent der E-Scooter-Fahrer tragen einen Kopfschutz, bei Leih-E-Scooter-Fahrern sind es sogar nur ein Prozent. Das hat das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) erhoben, das am Dienstag eine Studie zu den häufigsten Fehlern auf dem Scooter präsentierte (siehe Grafik).

Problemfall Alko-Lenker

Apropos Fehler: „Voi“ will seinen Kunden die Sicherheitsregeln „spielend“ näherbringen. Noch bevor man eines der Gefährte in Betrieb nehmen kann, muss man auf der Scooter-App ein Quiz absolvieren. Eine Online-Fahrschule gibt es obendrauf, ebenfalls mit Belohnungssystem.

 

Wiener E-Scooter-Regelung landet vor Gericht: Betreiber "Voi" muss warten

Österreich Chefin Voi

Katharina Schlittler freut sich einer der neuen Anbieter in der Stadt zu sein.

Wiener E-Scooter-Regelung landet vor Gericht: Betreiber "Voi" muss warten

Spielend Lernen

Ein Sicherheits-Quiz soll für mehr Sicherheit auf den Rollern sorgen.

Wiener E-Scooter-Regelung landet vor Gericht: Betreiber "Voi" muss warten

Fußgängerzone

In bestimmten Zonen werden die E-Scooter automatisch langsamer. Der E-Scooter erkennt, dass die Zone eigentlich nicht befahrbar ist und bremst den E-Scooter-Fahrer so aus.

Wiener E-Scooter-Regelung landet vor Gericht: Betreiber "Voi" muss warten

Helme werden verschenkt

Außerdem möchte der neue E-Scooter-Verleih-Anbieter Helme bei Fahrsicherheitstraining und Veranstaltungen verschenken. 

Wiener E-Scooter-Regelung landet vor Gericht: Betreiber "Voi" muss warten

Sicher in der Stadt unterwegs

Durch ein Sicherheitsquiz am Handy vor der Abfahrt soll für mehr Aufmerksamkeit im Verkehr gesorgt werden.

Ausgestattet sind die neuen Roller – wie von der Stadt vorgeschrieben – mit zwei Bremsen und Blinkern. Auch das ganz im Sinne der Sicherheit: Bisher geben nur zwei Prozent der österreichischen E-Scooter-Nutzer ein Handzeichen oder verwenden die Blinker, heißt es beim KFV. Als Grund dafür nennt Klaus Robatsch, Leiter des Bereiches für Verkehrssicherheit, schlichtweg die oft fehlenden Blinker. „Handzeichen zu geben, erfordert wiederum viel mehr Geschicklichkeit als bei Fahrrädern.“

Auch, ob Kunden alkoholisiert sind, will „Voi“ mit der App abtesten: Von Donnerstag bis Sonntag zwischen 23 Uhr und 5 Uhr gibt es eine Art Alkoholtest. Ein Spiel soll die Reaktionsfähigkeit der Nutzer testen. „Wem das nicht gelingt, dessen Scooter wird nicht entsperrt“, sagt Schlittler. Laut Statistik passieren rund sieben Prozent der E-Scooter-Unfälle unter Alkoholeinfluss.

Wiener E-Scooter-Regelung landet vor Gericht: Betreiber "Voi" muss warten

Kamera erkennt Straße

Eine Kamera am E-Scooter soll die Straße oder den Gehsteig erkennen und so das Parken in der falschen Zone nicht möglich machen.

Wiener E-Scooter-Regelung landet vor Gericht: Betreiber "Voi" muss warten

Abstellen soll so nicht mehr möglich sein

Am Fahrradabstellplatz und auf den Abstell-Zonen der Stadt, die in der App ersichtlich sein werden, soll Abstellen möglich sein. An anderen Stellen soll die Miete nicht beendet werden können.

Wiener E-Scooter-Regelung landet vor Gericht: Betreiber "Voi" muss warten

E-Learning

Mit unterschiedlichen Quiz-Formen werden die Fahrer zu einem besseren Fahrverhalten "erzogen".

Wiener E-Scooter-Regelung landet vor Gericht: Betreiber "Voi" muss warten

Vier Anbieter der Stadt

Ab 1. Mai werden dann Wien-Weit nur noch vier Anbieter in der Stadt zu sehen sein.

Um Fehlverhalten nachträglich ahnden zu können, müssen Nutzer vor Fahrtantritt ihren Ausweis hochladen. Danach erst kann es losgehen.

Getrackt wird die Fahrt über eine integrierte Kamera. „Der E-Scooter kann dank künstlicher Intelligenz automatisch die Straßen erkennen, ob es sich etwa um einen Gehweg oder eine Straße oder einen geeigneten Parkplatz handelt“, sagt Schlittler.

Fahren auf dem Gehsteig etwa wird damit nicht mehr möglich sein. (Verboten ist es jetzt schon.) Und auf von der Stadt definierten Fahrverbotszonen wird die Geschwindigkeit des E-Scooters automatisch auf 1 km/h gedrosselt, heißt es. Parken wiederum kann man nur noch auf eigenen Abstellflächen oder platzsparend in der Parkspur. Andernfalls drohen Strafen von bis zu 25 Euro. Wiederholungstäter könnten sogar endgültig gesperrt werden, sagt Schlittler.

Frauen ansprechen

Durch die erhöhten Sicherheitsvorkehrungen will „Voi“ übrigens vermehrt Frauen ansprechen. Early Adopter – also Menschen, die neue Fahrgeräte austesten – seien laut „Voi“-Analysen nämlich meist Männer, Gutverdiener und um die 30 Jahre alt. Auf globaler Ebene seien nur ein Drittel der Fahrer des Anbieters weiblich und zwei Drittel männlich.

Kein Wunder also, dass auch in Österreich im Vorjahr zwei Drittel aller Verletzten männlich waren.

Kommentare