Einsprüche dieser Art seien durchaus üblich, heißt es aus dem Büro der Stadträtin. „Tatenlos zusehen“ wolle man während der drei Monate deshalb aber nicht. Mitte nächster Woche wird eine „Übergangsregelung“ mit „strengeren Vorgaben“ für die aktuellen Verleiher präsentiert. Diese dürfen in dem Zeitraum nämlich weiterhin ihre E-Roller verleihen. Lösen will die Stadt mit der Übergangsregelung vor allem die drängende Abstellproblematik, heißt es.
Mit Helm und Blinker
Für den einzigen neuen Betreiber „Voi“ – der dem KURIER Einblicke in seine Wien-Strategie gab – bedeutet der Einspruch vor allem eines: Warten. Die schwedische Firma darf ihre E-Scooter erst nach dem Nachprüfungsverfahren in Wien abstellen. Und das, obwohl „Voi“ im Auswahlverfahren überzeugte. 98 von 100 möglichen Punkten habe das Unternehmen erreicht, berichtet Katharina Schlittler, Österreich-Chefin des Unternehmens im KURIER-Gespräch.
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Großes Augenmerk will „Voi“ auf die Sicherheit legen. Vor allem der Helm spielt eine zentrale Rolle: „Wir werden allen, die sich auf der Plattform anmelden und zu unserem Fahrsicherheitstraining kommen, einen Helm schenken“, sagt Schlittler. Zudem gebe es in der App die Möglichkeit, ein Helm-Selfie von sich zu machen und damit Geld zu sparen. „Einen Euro pro Helm-Foto“, sagt sie.
Eine gute Idee. In Österreich ist Helmtragen derzeit nämlich alles andere als im Trend. Nur 17 Prozent der E-Scooter-Fahrer tragen einen Kopfschutz, bei Leih-E-Scooter-Fahrern sind es sogar nur ein Prozent. Das hat das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) erhoben, das am Dienstag eine Studie zu den häufigsten Fehlern auf dem Scooter präsentierte (siehe Grafik).
Problemfall Alko-Lenker
Apropos Fehler: „Voi“ will seinen Kunden die Sicherheitsregeln „spielend“ näherbringen. Noch bevor man eines der Gefährte in Betrieb nehmen kann, muss man auf der Scooter-App ein Quiz absolvieren. Eine Online-Fahrschule gibt es obendrauf, ebenfalls mit Belohnungssystem.
Ausgestattet sind die neuen Roller – wie von der Stadt vorgeschrieben – mit zwei Bremsen und Blinkern. Auch das ganz im Sinne der Sicherheit: Bisher geben nur zwei Prozent der österreichischen E-Scooter-Nutzer ein Handzeichen oder verwenden die Blinker, heißt es beim KFV. Als Grund dafür nennt Klaus Robatsch, Leiter des Bereiches für Verkehrssicherheit, schlichtweg die oft fehlenden Blinker. „Handzeichen zu geben, erfordert wiederum viel mehr Geschicklichkeit als bei Fahrrädern.“
Auch, ob Kunden alkoholisiert sind, will „Voi“ mit der App abtesten: Von Donnerstag bis Sonntag zwischen 23 Uhr und 5 Uhr gibt es eine Art Alkoholtest. Ein Spiel soll die Reaktionsfähigkeit der Nutzer testen. „Wem das nicht gelingt, dessen Scooter wird nicht entsperrt“, sagt Schlittler. Laut Statistik passieren rund sieben Prozent der E-Scooter-Unfälle unter Alkoholeinfluss.
Um Fehlverhalten nachträglich ahnden zu können, müssen Nutzer vor Fahrtantritt ihren Ausweis hochladen. Danach erst kann es losgehen.
Getrackt wird die Fahrt über eine integrierte Kamera. „Der E-Scooter kann dank künstlicher Intelligenz automatisch die Straßen erkennen, ob es sich etwa um einen Gehweg oder eine Straße oder einen geeigneten Parkplatz handelt“, sagt Schlittler.
Fahren auf dem Gehsteig etwa wird damit nicht mehr möglich sein. (Verboten ist es jetzt schon.) Und auf von der Stadt definierten Fahrverbotszonen wird die Geschwindigkeit des E-Scooters automatisch auf 1 km/h gedrosselt, heißt es. Parken wiederum kann man nur noch auf eigenen Abstellflächen oder platzsparend in der Parkspur. Andernfalls drohen Strafen von bis zu 25 Euro. Wiederholungstäter könnten sogar endgültig gesperrt werden, sagt Schlittler.
Frauen ansprechen
Durch die erhöhten Sicherheitsvorkehrungen will „Voi“ übrigens vermehrt Frauen ansprechen. Early Adopter – also Menschen, die neue Fahrgeräte austesten – seien laut „Voi“-Analysen nämlich meist Männer, Gutverdiener und um die 30 Jahre alt. Auf globaler Ebene seien nur ein Drittel der Fahrer des Anbieters weiblich und zwei Drittel männlich.
Kein Wunder also, dass auch in Österreich im Vorjahr zwei Drittel aller Verletzten männlich waren.
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