1. Rot und Grün legen einen Frühstart hin: Für die Wahl nutzt der derzeitige Streit keinem. Und wenn überhaupt, dann Ludwig
Eigentlich wollte Bürgermeister Michael Ludwig in der Krise den besonnenen Amtsinhaber geben. Hebein machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Den Streit um die Begegnungszonen hat sie gewonnen, er kam aber zu früh, sagt Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer. „Bis Oktober kann viel passieren.“
Und wenn es Ludwig trotz Aufregung wieder gelingt, „mit ruhiger Hand sein Ding durchzuziehen“, dann profitiere am Ende er. „Das wird bei Amtsinhabern geschätzt.“
Überhaupt sitzt Hebein zwischen den Stühlen – zwischen Stadt- und Bundesregierung. Taktisch schwierig. Nicht zuletzt, weil „die Zuwächse der Grünen am ehesten aus dem bürgerlichen Lager kommen“, so Bachmayer. Die SPÖ wiederum könnte jene für sich begeistern, die im Bund Grün wählten.
Andererseits könnte Hebein ein „Sigi-Maurer-Schicksal“ drohen, sagt Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle. Maurer, die für kantige Ansagen berühmt war, wirkt als grüne Klubchefin im Bund vielen zu angepasst. „Hebein könnte an Boden verlieren, wenn sie sich nicht klar positioniert.“
2. Minister und Wahlkämpfer: Gernot Blümels Doppelrolle geht nicht auf
Schon vor der Krise bezweifelten manche, ob Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel die Doppelbelastung als Finanzminister und Spitzenkandidat meistern kann. Hinzu kommt, dass er sich nicht festlegt, ob er nach einem Wahlsieg nach in Wien geht. „Damit kommt er nicht durch“, so Stainer-Hämmerle.
Und: Es stelle sich zunehmend die Frage, wie viel Zeit ein Minister mitten in der Krise für Wahlkampf habe. Bis jetzt hat er zu allen Corona-Themen in Wien geschwiegen.
Blümel hätte jetzt ein Zeitfenster: Derzeit würde es ihm wohl keiner ankreiden, wenn er doch nicht antritt.
3. Die FPÖ könnte einstellig werden
Der Wiener FPÖ ist ihr einziges Thema abhandengekommen: Migration. „Den Ausländern kann man an Corona nicht die Schuld geben“, sagt Stainer-Hämmerle. Bei Corona könne die FPÖ „nicht mitreden“, da ihr Experten fehlen. „Sonst war das kein Problem, weil sie nie besonders faktenorientiert Politik macht.“
Dennoch sollten, so Bachmayer, alle Parteien bereits jetzt versuchen, sich bei ihren Haus- und Hofthemen zu positionieren – das sei „eine Investition in die eigene Zukunft“. „Wenn sich die aktuelle Krise gelegt hat, kommen Folgekrisen im sozialen und gesellschaftlichen Bereich.“
4. Spannend wird die Performance der Chefs. Alle treten erstmals an
Für sie alle ist die Rolle neu: Ludwig und Hebein übernahmen während der laufenden Amtszeit, Blümel nach der Wahl 2015. FPÖ-Chef Dominik Nepp kam nur durch Ibiza an seinen Posten. Auch Neos-Chef Christoph Wiederkehr hat erst seit 2018 den Klubvorsitz. Welche Strahlkraft sie alle entwickeln, wird sich erst weisen. Der einzig Erfahrene ist diesmal der Außenseiter: Heinz-Christian Strache.
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