Warum sich ein Chinese in Wien-Donaustadt Sorgen um die Demokratie macht

Warum sich ein Chinese in Wien-Donaustadt Sorgen um die Demokratie macht
Yang Liu führt in der Seestadt das Restaurant „Pingpong“. Sorge bereitet ihm jedoch der politische Rechtsruck – auch in der Donaustadt.
Von Uwe Mauch

Natürlich gibt es bei ihm auch knusprige Ente, gebratenen Reis und einiges andere, was man in seiner Heimat gerne isst. „Aber kein Glutamat“, betont Restaurantbesitzer Yang Liu. Weil Glutamat kennt man in seiner Heimat (Provinz Zheijang, südlich von Shanghai) gar nicht.

Sein Restaurant, wenige Schritte von der Endstation der U2 in der Seestadt entfernt, lockt mit natürlichen Zutaten: „Meine Frau hat die Speisekarte mit Bedacht zusammengestellt. Sie arbeitet als Pharmazeutin in einer TCM-Apotheke und legt bei uns großen Wert auf die Fünf-Elemente-Küche.“

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Ein Wiener Weltbürger

Sein Blick auf die Stadt und den 22. Bezirk ist interessant: Yiang Liu hat die ersten elf Jahre seines Lebens in Zheijang gelebt, dann bis zum Studium in Wien, dann zwei Jahre in London und drei Jahre als Manager der Wiener VAMED in Peking. Bevor sein erstes Kind zur Welt kam, standen seine Frau und er vor einer Weltkarte. Die Frage war am Ende: Singapur oder Wien? Man entschied sich für Europa.

Dass der am Technikum in Wien ausgebildete Techniker und Master für Wirtschaftsinformatik heute ein Restaurant in der Seestadt führt, verdankt er mehreren Mutmachern in Wien.

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Dass es "Pingpong" heißt, ist als Liebesbekundung für seinen Vater zu deuten: "Er war in unserer Provinz ein sehr guter Tischtennisspieler und hat auch mit mir oft gespielt."

Das Geschäft geht gut, anderes bereitet Herrn Liu Sorgen: "Meine Eltern haben sich, als sie China verlassen haben, bewusst für einen demokratischen Staat entschieden." Der sei zunehmend gefährdet: "Der politische Rechtsruck in Österreich ist beängstigend, vor allem für die Zukunft unserer Kinder."

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"Kurzzeitgedächtnis"

Der Provinzialismus ist für den Seestadt-Chinesen nur schwer zu ertragen: „Es ist immer leichter, auf Probleme hinzuweisen als konkret an Lösungen zu arbeiten.“ Von seinen Studien- und Arbeitskollegen in Wien hätten einige das Land verlassen

Unverständlich ist für den Wiener Geschäftsmann "das Kurzzeitgedächtnis" mancher Landsleute: "Was muss noch passieren, dass sie endlich aufwachen?"

Das Hinauszögern von Entscheidungen bewertet Yang Liu als Fehler. "Das ist mir hier zu konservativ. Der Politik fehlen Typen mit Charisma, und es fehlt leider auch der Mut für wirkliche Veränderungen." 

In Wien möchte er dennoch bleiben: "Vieles ist in einer guten Balance, nicht zu schnell, aber auch nicht zu langweilig." Auch die Stadterweiterung, die aufgrund des Bevölkerungswachstums notwendig ist, sei maßvoll.

Jenen, die das Zubetonieren kritisieren, hält er entgegen: „Unsere Stadt wächst, braucht Wohnraum. Die Verdichtung ist notwendig. Das Flugfeld Aspern war auch kein Naturschutzgebiet.“

Zufrieden ist Yang Liu mit dem Gesundheitssystem und den Wiener Linien. In der Donaustadt fehlten aber schmerzlich die öffentlichen Querverbindungen: "Da ist man viel zu lange unterwegs. Da ist noch Luft nach oben."

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Eine große Baustelle in Österreich sei auch das Bildungssystem: "Wenn ich das mit anderen Schulkonzepten in anderen Ländern vergleiche, lassen wir hier wertvolle Ressourcen ungenützt."

Die Kraft des gemeinsamen Tuns

Wenn es draußen wärmer wird, möchte der Gastronom vor seinem Lokal wieder einen Tischtennistisch aufstellen und Turniere veranstalten. Er weiß um die Kraft des gemeinsamen Tuns. Für die Donaustadt würde er sich mehr davon wünschen.

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