Eigentlich hätte der Sportplatz der MS Kagran in Wien-Donaustadt pünktlich zum Schulanfang wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sollen. Die Realität sieht jedoch anders aus, berichtet Manuel Kiesling vom Elternverein der Schule dem KURIER.
Der Grund dafür sind Container, die als zusätzliche Klassenzimmer am Schulstandort errichtet worden sind. Als die Entscheidung im Frühjahr 2024 fiel, dass die MS Kagran gemeinsam mit vier weiteren Schulen auserkoren wurde, um mit Containerklassen dem erwarteten Familienzuzug in Wien entgegenzuwirken, war die Entrüstung aus vielerlei Gründen groß.
Mangelnde Kommunikation
"Wir mussten aus den Medien davon erfahren", lautet ein Vorwurf von Kiesling und seinem Kollegen Patrick Wohlmuth. Die betroffenen Schulen seien in die Entscheidungen von Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) nicht miteingebunden worden. Zudem seien möglichen Alternativen zu den Containern am Grundstück nicht genug Beachtung geschenkt worden.
Die Folge: Ein verbauter, enger Sportplatz, der nicht wie zuvor der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, eine zerstörte Laufbahn und verärgerte Eltern. Doch dabei ist die Schule für ihren Sportschwerpunkt bekannt - Kooperationen mit dem Fußballverein Rapid Wien oder dem Basketballverein Vienna D.C. Timberwolves inklusive. Der könnte nun künftig in Gefahr sein, befürchten die Eltern. Denn wie lange die Containerklassen nun dort bleiben, ist noch ungewiss.
"Sportevents wie früher, als Cricketspieler aus Indien gekommen sind, sind so einfach nicht mehr möglich", sagt Kiesling.
Die Container gelten zwar als temporäre Lösung und ein Zubau am Gebäude ist bereits geplant, wann dieser tatsächlich erfolgt, ist den Betroffenen nicht bekannt.
"Nutzungsmöglichkeit nur minimal eingeschränkt"
Auf Anfrage im Büro Wiederkehr beteuert man hingegen, dass die Mehrzweckbereiche wie der Hartplatz und der Spielplatzbereich weiterhin genutzt werden können. Die Nutzungsmöglichkeiten für die Schulkinder auf den Freiflächen seien nur "minimal eingeschränkt". Auch der Schulleiter sei vorab über den Bau informiert worden. Dennoch sei es ein Anliegen gewesen, die Wiener Öffentlichkeit transparent über die Pläne zu informieren.
In Sachen Transparenz ist die Bezirks-ÖVP allerdings nicht zufrieden. Die Standortauswahl sowie die Vorgänge erscheinen willkürlich, erklärt Michaela Löff. Bei sämtlichen Anfragen zur Thematik werde man ständig vertröstet. "Die Planlosigkeit kommt hier definitiv hervor, sagt Löff. Mehr Schüler würden zudem mehr Platz benötigen und aktuell sei das Gegenteil der Fall.
Unschlüssiges Konzept
"Ich vermisse ein Konzept. Hier werden freie Flächen zugebaut nach unschlüssigen Kriterien", ergänzt Thomas Krebs von der Wiener Lehrergewerkschaft. Es sei schwer, benötigten Schulraum zu eruieren, räumt Krebs ein. Es habe aber Schulleitungen gegeben, die aktiv Plätze an ihren Standorten für neue Schülerinnen und Schüler angeboten hätten. Dennoch habe sich die Stadt Wien für die Container-Zwischenlösung an der MS Kagran und den vier weiteren Standorten entschlossen.
"Man rüstet sich für einen weiteren Zustrom. Von der Bestandsaufnahme ist die Auslastung der Container momentan aber gar nicht gegeben", so Krebs weiter. Er könne die Unzufriedenheit der Eltern und der Anrainer, die den Sportplatz bisher mitbenutzen konnten, nachvollziehen. Wird der Platz erst minimiert, sinkt langfristig die Qualität der Schule, ist Krebs überzeugt.
Mehr Platz benötigt
Fakt ist, die Stadt Wien benötigt mehr Schulplätze. Die umstrittenen Container sind als Zwischenlösung angelegt - doch wieso fiel die Wahl auf die MS Kagran, wenn auch dort der Platz für die Container anscheinend beschränkt ist?
Der Standort wurde laut dem Büro Wiederkehr aufgrund der öffentlichen Erreichbarkeit ausgewählt, um der gesetzlichen Verpflichtung, Kindern eine wohnortnahe Bildung zu ermöglichen, nachkommen zu können. Detaillierte Zeitpläne, wie lange die Container dort bleiben sollen, stünden aktuell noch nicht fest.
2,5 Millionen Euro
Die Kosten für die Container belaufen sich in der MS Kagran auf 2,5 Millionen Euro, so die Stadt Wien. Mit den sogenannten Mobilklassen wurden neun Klassenräume geschaffen. Im innerstädtischen Bereich prüfe man außerdem Anmietungen für weitere Klassenräume. Dies gestalte sich oft schwierig, da baurechtliche Widmungen zur Führung als Schule fehlen würden, so ein Sprecher von Bildungsstadtrat Wiederkehr.
Gegenstimmen aus dem Bezirk
Zusätzlich wird die Volkshochschule Siebenbrunnengasse als Schulstandort umfunktioniert. Die Pläne der Stadt stellen insgesamt jedoch weder Eltern noch die Oppositionsparteien im Bezirk zufrieden. Zu schwammig seien Begriffe wie "wohnortnah" und die Standortauswahl, erklärt Löff von der ÖVP. Sie hat seit Bekanntwerden der Pläne zahlreiche Anträge in den Bezirkssitzungen gestellt.
Auch die FPÖ-Donaustadt sieht hier Verbesserungsbedarf: "Der Großteil unserer Anträge zu den Containern wurde gar nicht zugelassen in den Sitzungen", sagt Andreas Dvorak (FPÖ). "Hier geht es nicht darum, dass man Flüchtlingskinder nicht haben möchte, sondern dass die Situation an der Schule in der Form nicht funktioniert - bei einer Sportmittelschule sollte der Sportbereich nicht eingeschränkt sein", so Dvorak weiter. Es sei ein Thema, bei dem keiner etwas davon habe.
Der Sportplatz sei davor außerhalb der Schulzeiten auch für die Öffentlichkeit zugänglich gewesen. Mit dem Aufstellen der Containerklassen wurde auch dieser Zugang gesperrt. Somit leiden nicht nur die Schüler, sondern auch die Menschen in der näheren Umgebung, so die Grünen-Donaustadt.
In unmittelbarer Umgebung der MS Kagran Schulen in der Donaustadt gäbe es ausreichend Platz für das Unterbringen von zusätzlichen Schülern, betonen alle drei Parteien. Unter den Vorschlägen sind beispielsweise das Amtsgebäude am Schrödingerplatz oder Container in der Seestadt zu errichten.
Keine Anfragen
Die Aufregung um die MS Kagran ist aber zumindest im Büro von Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ) nicht angekommen: „Zu den Containerklassen in der Afritschgasse haben wir schon seit Monaten keine Anfragen oder gar Beschwerden von Bürgern bekommen. Soweit mir ist bekannt, gibt es da auch keine Problemstellungen", teilte eine Sprecherin mit.
Anders sieht das Manuel Kiesling: "Die Kinder kommen zu kurz. Das kann auf Dauer nicht gut gehen." "Es ist klar, dass wir in einem Entwicklungsstadtteil leben und man mal einen Zubau brauchen könnte, aber die Container sind in der Form nicht die Lösung", pflichtet Patrick Wohlmuth bei.
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