Die Migration ist die größte Herausforderung für Wiens Schulen
Mehr als jedes zweite Kind, das in Wien eine Schule besucht, spricht zu Hause nicht deutsch. Das wäre an sich kein Problem, wenn diese Kinder bei Schuleintritt einigermaßen Deutsch könnten.
Doch die Realität ist eine andere. Mittlerweile versteht jedes dritte Kind am ersten Schultag aufgrund der Sprachdefizite die Lehrerin nicht. Besonders hoch ist der Migrantenanteil im 5. oder 10. Bezirk. Die von manchen als Allheilmittel propagierte Lösung ist, dass man die Klassen besser durchmischt.
Doch viele deutschsprachige Eltern wollen ihre Kinder nicht in Schulen geben, in der mindestens die Hälfte nicht gut deutsch spricht, und sie flüchten in andere Bezirke oder in die Privatschulen, was wiederum bedeutet, dass bestimmte ethnische Gruppen an manchen Standorten stark dominieren. Was die Sache noch verschlimmert: Allzu oft werden die Lehrerinnen mit dem Problem alleingelassen.
Das Gleiche für die Kindergartenpädagoginnen. Das Problem fängt nämlich schon lange vor der Schule an: Die Kindergärten haben zu wenig Ressourcen, um die Kleinsten ausreichend zu fördern und auf den ersten Schultag vorzubereiten. Dabei käme jeder hier investierte Euro dem Staat achtfach zurück. Besonders der Erwachsenen-Kind-Schlüssel wird von Experten kritisiert. Denn insbesondere Kinder aus bildungsfernen Familien brauchen mehr Unterstützung – nicht nur beim Erwerb der deutschen Sprache. Auch die Eltern müssten ihren Beitrag leisten: Es kann nicht sein, dass Kinder, die in Wien geboren sind, am ersten Schultag gerade einmal fünf Worte Deutsch können.
Nicht nur die Sprache ist das Problem
Es ist eben nicht nur die Sprache, die für viele Kinder zur Hürde wird. Auch andere Defizite machen den Schulalltag in Wien schwierig: Trotz Kindergartens haben manche Kinder Schwierigkeiten, sich selbst eine Jacke anzuziehen, bis 10 zu zählen oder sich in eine Gruppe einzufügen. Auch die offen zutage tretende Frauenfeindlichkeit insbesondere in manchen – vor allem muslimischen Familien – erschwert den Schulalltag, etwa wenn Schüler sich weigern, Anweisungen der Lehrerin zu befolgen.
In solchen Fällen bräuchte es die helfende Hand der Schulleitung. Doch nicht an jedem Standort fühlt diese sich zuständig, was wiederum auf ein weiteres Problem im Schulsystem hinweist: Nicht immer werden die Geeignetsten zur Direktorin bzw. zum Direktor gemacht. Das Gleiche gilt für die nächste Instanz – die Bildungsdirektion. Die wird in manchen Bezirken eher als kontrollierend oder desinteressiert wahrgenommen.
Wenn Lehrkräfte keine Unterstützung bekommen
Die Folge: Lehrerinnen kündigen – zumindest innerlich. Und das in Zeiten akuten Lehrermangels. Wo Lehrer hingegen unterstützt werden, bleiben sie nicht nur eher im Beruf, auch der schulische Erfolg der Kinder ist in der Regel höher. Und solche Schulen gibt es zum Glück auch einige in Wien.
Doch nicht nur an Lehrpersonen mangelt es – auch Unterstützungspersonal wie Psychologen und Sozialarbeiter sind immer noch Mangelware, auch wenn in den vergangenen Jahren mehr Fachpersonal eingestellt wurde. Doch angesichts der riesigen Herausforderungen, vor denen Wien steht, ist das zu wenig.
Mangelware ist auch der Platz in vielen Schulen: In den Klassenzimmern sitzen oft mehr als die eigentlich vorgesehenen 25 Kinder. Die Folge: Ganztagsschulen, die gerade für Kinder aus benachteiligten Familien sinnvoll wären, haben oft nicht den Platz, damit sich die Kinder dort ausreichend bewegen können. Dass Klimaanlagen in den Schulen die große Ausnahme sind, macht die Sache nicht einfacher – bei Hitze kann niemand lernen.
Kommentare