Monorail und Autobahn zum Karlsplatz: Wiens nie gebaute Großprojekte
Wien könnte heute ganz anders ausschauen: Besucher würden mit einem Donauschiff am Riesenrad vorbeifahren und danach mit der Monorail zum Einkaufen in die Mariahilfer Straße düsen. Danach könnte man direkt beim Naschmarkt auf die Westautobahn auffahren.
Was auf den ersten Blick absurd klingen mag, hat ernsthafte Hintergründe. All diese Mammut-Projekte wurden einst geplant, aber aus den verschiedensten Gründen dann doch nicht umgesetzt. Die Bundeshaupstadt hätte jedenfalls ein ganz anderes Bild als heute:
Der Grundstein des heutigen Wiens wurde vor dem Jahr 1870 gelegt. Kaiser Franz Joseph ließ die Stadtmauern und den Linienwall (im Bereich des heutigen Gürtels) abbauen, da sich die Bevölkerung in kurzer Zeit vervierfachte. Außerdem sollte die Donau reguliert werden, um Hochwasser-Katastrophen zu verhindern.
Böse Zungen behaupten, dass der Kaiser den Niedergang der Monarchie kommen sah und noch ein gigantisches Wien als prächtigen Gegenpol haben wollte. Jedenfalls wurde damit der Platz für große Ideen und Räume geschaffen.
Schon der Bau der Ringstraße ähnelte eher einem Monopoly-Spiel. Gebäude wurden mehrfach hin und hergeschoben und in letzter Sekunde tauschten noch Rathaus und Stadtpark ihre Plätze. Der Kaiser hatte nämlich Befürchtungen, dass das Volk wie 1848 noch einmal rebellieren könnte.
Deshalb wollte er unbedingt neben der - nie fertiggestellten - Hofburg einen Aufmarschplatz für sein Heer haben. Damit war der Rathausplatz geboren. Und Dank dieser Sorge Franz Josephs gibt es heute dort Platz für das Steirerfest oder den Christkindlmarkt.
Transdanubien oder Alte Donau?
Eine wohl noch größere Auswirkung auf das Stadtbild hatte aber die Entscheidung über das Donauflussbett. Dafür gab es Mitte des 19. Jahrhunderts jahrzehntelange Diskussionen und vier realistische Varianten, die sehr unterschiedlich waren.
Zunächst sollte der Donaustrom dorthin verlegt werden, wo heute die Alte Donau ist. Damit gäbe es vermutlich kein Transdanubien in seiner heutigen Form, der Fluß würde außerhalb der Stadt fließen und die Wiener hätten vielleicht keine so innige Beziehung zu ihm.
Es gab jedoch auch frühe Bestrebungen, Wien unmittelbarer mit dem Wasser zu verknüpfen - so sollte der jetzige Donaukanal das Hauptflussbett werden. Damit hätte die Innenstadt wohl eine zusätzliche Attraktion.
Allerdings hätte das Rekordhochwasser 2013 vermutlich Teile der inneren Bezirke überflutet, was man eigentlich mit der Regulierung vermeiden wollte. Deshalb wurde eine weitere Variante geplant und die Donau dafür in den Prater verlegt. Doch das scheiterte am Kaiser, der seine Jagdgründe nicht hergeben wollte.
Somit gewann am Ende jene Version, die es heute gibt und die die Stadt in einen größeren und einen kleineren Bereich aufteilt. Es ermöglichte die Entwicklung der Bezirke Floridsdorf und Donaustadt, die zunächst als Slums und Mülldeponien dienten, später als landwirtschaftliche Nutzflächen. Und schlussendlich ermöglichte diese Trassenwahl den späteren Bau der Donauinsel.
Kurz darauf wurde der Wienfluss reguliert und der Architekt Otto Wagner witterte seine große Chance. Er wollte einen Prachtboulevard ähnlich der Pariser Champs-Élysées errichten: Dieser sollte vom eher stiefmütterlich behandelten Karlsplatz zum Schloss Schönbrunn führen und der Fluss sollte überdacht werden.
Drei Probehäuser wurden 1898/'99 beim Naschmarkt gebaut, doch der alternde Kaiser konnte sich für den modernen Baustil nicht so recht erwärmen. Eine von Wagner sogar extra für ihn gebaute Stadtbahnstation nutzte der Monarch genau zwei Mal, auch die Pläne für den Boulevard wanderten in die Schublade.
Der Karlsplatz und seine Geschichte:
Der Gürtel sollte eine Autobahn werden
Somit blieb die Wienzeile eine eher triste Verkehrsader, obwohl der Bau der Stadtbahn (der späteren U4) dem beginnenden Autoverkehr vorgezogen wurde. Später wurde die Westausfahrt zum Ziel der großen Autobahnplaner, die in den 1960ern und 70ern ihre großen Auftritte hatten. Zwei Ringe um Wien waren die Idee, den Inneren sollte der Gürtel mit der A20 bilden, inklusive einer Hochbauweise wie die Südost-Tangente (A23) und einer drübergelegten Monorail.
Doch gegen die Gürtelautobahn gab es ebenso starken Widerstand wie gegen den Ausbau des Wientals. So sollte die Westautobahn eigentlich nicht an der Stadtgrenze enden, sondern im Bereich Naschmarkts. Noch heute beginnt die Kilometrierung der A1 mit Kilometer 8,623, weil das letzte Stück nie vollendet wurde.
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