Babyleiche gefunden: Mutter verriet Ermittlern den Fundort
Wie aufgefädelt sitzen die hochschwangeren Frauen am Freitagvormittag im Wartebereich des Mutter-Kind-Zentrums der Klinik Favoriten. Ärzte und Pfleger huschen vorbei. Ein Krankenhaustag wie jeder andere, könnte man meinen. Zwei Stockwerke darüber, auf der neonatologischen Station, ist von Alltag aber keine Spur.
Ein Sicherheitsmann bewacht den Eingang, Krankenschwester tuscheln in den Gängen. Zu verstehen sind nur Wortfetzen. Worum es an diesem Tag geht, ist jedoch klar.
Die Suche nach dem erst wenige Tage alten Baby, das am Donnerstag aus einem Zimmer der neonatologischen Station der Klinik Favoriten verschwand, endete tragisch.
Mistkübel gehörte zu Gemeindebau gegenüber
Die Leiche des Säuglings wurde in einem Müllcontainer auf dem Grünstreifen des gegenüberliegenden Gemeindebaus in der Kundratstraße gefunden, etwa 50 Meter vom Klinikareal entfernt.
Die Kronenzeitung berichtete zuerst von dem Fund des toten Säuglings. Die Mutter wurde festgenommen, sie hat mittlerweile die Tat gestanden. Als Motiv gab die Frau in ihrer Einvernahme "familiäre Probleme" an, wie die Polizei am Sonntag der APA sagte.
Das Obduktionsergebnis ergab, dass das Neugeborene durch stumpfe Gewalteinwirkung starb und ein massives Schädelhirntrauma sowie mehrfache Knochenbrüche erlitten hatte.
"Suchradius nach Einvernahme der Mutter erweitert"
Die 30-jährige Österreicherin mit türkischen Wurzeln, die mit ihrem Lebensgefährten in Wien lebt, wurde Freitagnacht von der Polizei einvernommen. "Durch diese Einvernahme hat sich der Verdacht erhärtet, dass sich das Kind nicht mehr auf dem Areal der Klinik Favoriten befindet. Daraufhin wurde der Suchradius erweitert, auf außerhalb der Klinik, und tatsächlich konnte hier im näheren Bereich in einem Müllcontainer das Baby vorgefunden werden", sagte Polizeisprecherin Anna Gutt zum KURIER.
Laut Krone soll es die Mutter selbst gewesen sein, die den Ermittlern den Mistkübel zeigte, in dem das Baby lag. Im Moment gebe es noch keine konkreten Hinweise darauf, dass auch der Vater tatverdächtig sein könnte.
Große Betroffenheit herrscht am heutigen Freitag in der Klinik Favoriten. „Leider mussten wir heute zur Kenntnis nehmen, dass das verschwundene Baby tot außerhalb der Klinik Favoriten aufgefunden wurde. Die polizeilichen Ermittlungen zum Tathintergrund laufen nach wie vor. Das Geschehene macht uns fassungslos. Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die die Polizeikräfte aktiv bei der Suche unterstützt haben, sind allesamt tief betroffen. Sie werden bei Bedarf psychologisch betreut“, wurde Michaela Riegler-Keil, Ärztliche Direktorin der Klinik Favoriten, in einer Aussendung zitiert.
War die Mutter zuvor psychisch auffällig?
Ob die Mutter zuvor bereits psychisch auffällig war, sei noch Teil der Ermittlungen. Auch der Grund, wieso das Kind auf der neonatologischen Station untergebracht war - dort liegen meist Frühchen oder Kinder, die anderweitig Probleme haben, ins Leben zu starten - ist derzeit nicht bekannt.
Ebenfalls offen ist derzeit die Frage, ob das Mädchen bereits tot war, als es in dem Mistkübel abgelegt wurde. "Zum Todeszeitpunkt kann man noch nichts sagen, der wird durch die gerichtsmedizinische Obduktion festgestellt. Die wurde schon angeordnet. Der Gerichtsmediziner ist auch schon auf dem Weg hierher", sagt Gutt.
Bereits gestern schlug einer der Spürhunde bei einem Mistkübel an, dieser befand sich aber auf dem Gelände der Klinik. Diese Spur führte demnach ins Leere. "Es wurde auch ein Müllwagen angehalten, der das Areal schon verlassen hatte, aber auch die Durchsuchung von diesem verlief negativ", berichtet die Sprecherin weiter.
Baby wäre am Donnerstag entlassen worden
Das erst wenige Tage alte Mädchen hätte am gestrigen Donnerstag aus dem Krankenhaus entlassen werden sollen. Die Mutter des Kindes hatte am Donnerstagvormittag den Raum auf der Neonatologie-Station der Klinik in Wien-Favoriten verlassen, in dem sie und das Kind untergebracht waren.
Das allein sei aber nicht ungewöhnlich gewesen, so Gutt. Die Mutter könne sich frei bewegen, sie sei dort ja nicht eingesperrt gewesen. Als kurz darauf eine Pflegerin in das Zimmer trat, war das Kind bereits verschwunden. Die Mitarbeiterin verständigte gegen 11.30 Uhr die Mutter, die die Polizei alarmierte.
Auch die Wiener Kinder- und Jugendhilfe wurde nach dem Verschwinden des Babys kontaktiert. "Wir kannten die Familie zuvor nicht, es gibt auch keine Geschwister des Kindes", sagte Sprecherin Ingrid Pöschmann zum KURIER. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren.
Großangelegte Suchaktion
Nach Bekanntwerden des Verschwindens ergriff die Polizei mehrere Maßnahmen: Jedes Fahrzeug, egal ob E-Scooter oder Pkw, das die Klinik verließ, wurde gestern kontrolliert. Auch drei Baustellen auf dem Areal und die Kanalisation wurden überprüft. Mit Einbruch der Dunkelheit wurde zudem eine spezielle Drohne eingesetzt. In der Nacht wurde die Suche vor Ort unterbrochen, am heutigen Freitag wurde die Suchaktion fortgesetzt. Bis die Leiche des Mädchens gefunden wurde.