Wien Energie: Ludwig darf sein Handy (noch) behalten
Der Tagungsraum ist immer noch eng und stickig, auch die versammelten Gemeinderäte sind großteils die gleichen geblieben: Viele, die am Freitag zum Auftakt der
U-Kommission zur Aufklärung der Causa Wien Energie gekommen waren, fühlten sich frappant an jene zum Krankenhaus Nord und den parteinahen Vereinen erinnert, die erst vor wenigen Jahren hier stattgefunden haben.
Und doch ist diesmal manches anders – was auch der Reform des Gremiums geschuldet ist, die erst vor Kurzem beschlossen wurde. Deshalb wurde der Start mit Spannung erwartet.
Eingesetzt worden war das Gremium auf Initiative von ÖVP und FPÖ, um die Vorgänge rund um die Wien Energie zu klären, die im Sommer aufgrund der Verwerfungen am Energiemarkt die für den Börsenhandel nötigen Sicherheiten nicht mehr bedienen konnte. Erst schoss – wie erst später bekannt werden sollte – Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) dem Unternehmen per umstrittener Notkompetenz zweimal 700 Millionen zu, dann musste Ende August beim Bund eine (letztlich nicht benötigte) Finanzhilfe über zwei Milliarden Euro beantragt werden.
Polit-Show und Plädoyers
Die U-Kommission sei kein Tribunal und auch nicht für Polit-Shows gedacht, appellierten die beiden Vorsitzenden, die Richter Martin Pühringer und Einar Sladecek, am Freitag an die 16 Abgesandten der fünf Rathaus-Fraktionen. Was wenig fruchten sollte, wie deren Eingangsstatements zeigen sollten. Sie glichen dann doch eher Plädoyers vor Gericht: Während sich die Klubchefs Markus Wölbitsch (ÖVP) und Maximilian Krauss (FPÖ) gleich den Bürgermeister und die aus ihrer Sicht zu Unrecht angewandte Notkompetenz vornahmen, rückte SPÖ-Fraktionschef Thomas Reindl zur Verteidigungsrede aus. Motto: „Alles richtig gemacht“. Die Verwerfungen auf dem Energiemarkt seien unvorhersehbar und bisher einzigartig gewesen. Ludwig habe ebenso umsichtig wie entschlossen gehandelt. Und es sei ohnehin kein finanzieller Schaden entstanden.
Den grünen Klubobmann David Ellensohn überzeugte das nicht, er verglich das Agieren der Stadtregierung eher mit einem Betrunkenen, der mit 150 km/h über den Gürtel rast.
Danach standen die ersten Beweisanträge zur Abstimmung – nicht weniger als 138 an der Zahl. Darunter auch jene der ÖVP zur Auswertung der Handys von Ludwig und Finanzstadtrat Peter Hanke. Doch ausgerechnet über sie wurde dann doch nicht entschieden. Es brauche noch Zeit für eine genauere rechtliche Prüfung, schließlich bedeute die Abnahme der Handys einen Eingriff in die Grundrechte, so der Vorsitzende.
Außerdem müsse noch geklärt werden, wer Hanke und Ludwig auffordern soll, die heiklen Daten herauszugeben.
Anträge am Fließband
Ansonsten wurde der Großteil der Anträge wie am Fließband einstimmig abgewunken. Nur bei wenigen legte sich die SPÖ (und mit ihr die Neos) quer. Etwa beim Vorhaben der ÖVP, die Geschäftsführer sämtlicher Unternehmen der Stadtwerke (sie ist die Mutter der Wien Energie) als Zeugen zu laden – also etwa jene der Bestattung Wien. Die SPÖ kann darin keinen Sinn erkennen, die ÖVP hingegen erwartet sich dadurch Erkenntnisse zum Cash-Pooling innerhalb der Stadtwerke – also mögliche Geldflüsse der anderen Unternehmen zu der in Schieflage geratenen Wien Energie.
Hier kommt eine der jüngst beschlossenen Neuregelungen für U-Kommissionen zum Tragen: Mit den Stimmen von SPÖ, Neos und Grünen wurde beschlossen, dass die Vorsitzenden als Schiedsgremium innerhalb der nächsten 14 Tage über diese strittigen Anträge entscheiden müssen.
Nach drei Stunden war die Sitzung vorbei. Bei der nächsten am 16. Dezember erhalten die Abgeordneten eine Einführung zum Thema Energiemärkte. Als Experten geladen sind Ex-Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber, Analyst Johannes Benigni sowie Ökonom Michael Böheim.
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