Langsam ziehen auch im etwas verschlafenen Wiener Rathaus die modernen Zeiten ein. Denn wenn morgen, Freitag, die U-Kommission zur Aufklärung der Causa Wien Energie startet, dreht sich zunächst einmal alles um die Diensthandys von Wiener Regierungsmitgliedern.
Wie berichtet, will die ÖVP die Mobiltelefone von Bürgermeister Michael Ludwig und Finanzstadtrat Peter Hanke auswerten lassen, um unter anderem zu klären, wann beide über die finanziellen Probleme des Unternehmens Bescheid wussten, die letztlich zur Vergabe eines Darlehens über 1,4 Milliarden Euro per Bürgermeister-Notkompetenz führten. Dies wurde notwendig, weil aufgrund der explodierenden Energiepreise die Wien Energie die für den Handel nötigen Sicherstellungen nicht mehr aufbringen konnte.
Die FPÖ möchte der ÖVP nicht nachstehen und verlangt nun die Auslesung des Handys von Christoph Wiederkehr. Damit wollen die Blauen herausfinden, wann der Neos-Vizebürgermeister von Ludwig über dessen Vorgehen informiert wurde. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Causa Ende August gab es dazu widersprüchliche Angeben.
Ob nun tatsächlich die halbe Stadtregierung ihre Handys abgeben muss, ist ungewiss. Vermutlich bis zur zweiten Sitzung der U-Kommission sollte aber feststehen, ob das überhaupt rechtlich zulässig ist.
Erste Zeugenliste
Bis Mittwoch hatten die Rathaus-Fraktionen Zeit ihre Beweisanträge einzubringen, die schon am Freitag behandelt werden sollen. In weiten Teilen überschneiden sie sich naturgemäß stark, so wollen alle Ludwig und Hanke als Zeugen vorladen.
Die Grünen stechen mit einem Antrag hervor: Sie wollen Robert Zadrazil, Vorstandsvorsitzender der UniCredit Bank Austria, befragen. Man wolle wissen, warum die Bank Ende August keine Geldgarantien für die Wien Energie mehr abgeben wollte. Denn damit sei das Unternehmen gezwungen gewesen, zusätzlich zwei Milliarden Euro an – letztlich nicht benötigter – Finanzhilfe beim Bund zu beantragen.
Auf die damaligen Ereignisse, speziell auf den „Energiegipfel“ am 28. August im Bundeskanzleramt, will die SPÖ ihren Fokus legen. Sie ist nach wie vor empört, dass die ÖVP nach dem Treffen verbreitete, die Wien Energie stehe gleichsam kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Deshalb ziehen die Roten in Erwägung, Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) als Zeuge vorzuladen, wie Thomas Reindl, SPÖ-Fraktionschef, andeutet.
Die Neos wiederum beantragen jene drei Gutachten zur Wien Energie von PwC, Ithuba und Freshfields, die die Stadt nach Bekanntwerden der Krise beauftragt hatte, sagt Gemeinderat Stefan Gara.
Zunächst bekommen die 16 Mandatare in der U-Kommission aber noch einen Crash-Kurs in Sachen Energiemärkte. Von Experten, die zur zweiten Sitzung am 16. Dezember geladen werden. Die SPÖ schlägt dafür Ex-Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber und Analysten Johannes Benigni vor, die ÖVP Wolfgang Urbantschitsch von der E-Control.
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