Wien Energie: Hanke bereitet Ludwig Terminprobleme
Zuletzt war das Interesse für die U-Kommission zur Causa Wien Energie deutlich im Sinkflug begriffen. Am Donnerstag aber war das Lokal 24 im Rathaus-Arkadenhof seit Längerem wieder einmal ordentlich besucht. Stand doch mit Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) erstmals ein Politiker im Zeugenstand.
Als Vertreter des Eigentümers, der Stadt Wien, hatte er zu erklären, wie genau die Wien Energie im Vorjahr per Notkompetenz zu der Finanzhilfe kam. Wie berichtet, musste der Energieversorger wegen schwerer Marktverwerfungen bei der Stadt zweimal um 700 Millionen Euro ansuchen, um Geschäfte an der Energiebörse besichern zu können. Ende August musste sogar der Bund um – letztlich nicht benötigte – zwei Milliarden Euro gebeten werden.
Ein „alternativenloser Vorgang“ angesichts einer – wie Hanke mehrfach beteuerte – völlig unvorhersehbaren Entwicklung auf den Energiemärkten. Eine Argumentation, die man von Stadtregierung und Wien Energie schon seit August kennt. Dennoch brachte Hankes Auftritt interessante Details zutage.
Wann wusste der Bürgermeister wovon?
Dieser Punkt ist für die Bewertung relevant, ob die Ausübung der Notkompetenz des Bürgermeisters – er darf dann ohne Einbindung von Stadtsenat oder Gemeinderat handeln – tatsächlich erforderlich war.
Im September hatte Michael Ludwig im Gemeinderat auf die Frage, wann er von den Finanzproblemen der Wien Energie erfahren habe, noch geantwortet, dass ihm „die Höhe, die Notwendigkeit und die Dringlichkeit“ am 15. Juli mit dem Antrag der Wiener Stadtwerke auf die ersten 700 Millionen Euro vermittelt worden sei.
Wie berichtet, brachten Zeugenaussagen und Akten zutage, dass der Bürgermeister schon zumindest eine Woche davor von den Problemen informiert war. Hanke bestätigte dies am Donnerstag mit seinen Aussagen. „Ich habe den Bürgermeister am 12. Juli angerufen, als es den Antrag der Stadtwerke gab.“ Mit dem Hinweis, dass es sich um eine „wirklich dringliche Angelegenheit“ handle. Doch auch schon die Zeit vorher sei seien die Liquiditätsprobleme des Unternehmens, die erstmals mit einem kurzen, aber heftigen Gaspreis-Anstieg zur Jahreswende 2021/’22 bei Hanke die Alarmglocken schrillen ließen, regelmäßiges Thema in Gesprächen mit Ludwig gewesen.
Einen Widerspruch zu Ludwigs Aussage sieht Hanke dennoch nicht. Schließlich sei der fertige Antrag tatsächlich erst am 15. Juli auf dem Schreibtisch des Bürgermeisters gelegen.
Warum wurde die Öffentlichkeit nicht informiert?
Von der Mittelvergabe per Notkompetenz im Juli erfuhren Opposition und Öffentlichkeit erst Ende August, als der Bund um Hilfe gebeten werden musste. „Wir wollten keine Verunsicherung am Markt und keine Angst bei den Kunden schüren“, lautet Hankes Begründung.
Im September hätte man aber auf alle Fälle den Gemeinderat bei seiner nächsten regulären Sitzung informieren müssen. Das Kalkül war offenbar, dass sich bis dahin die Marktlage wieder beruhigt hat.
Warum war die Stadtregierung beim Energiegipfel nicht vertreten?
Am 28. August fand der denkwürdige Krisengipfel im Bundeskanzleramt statt, um der Wien Energie zu helfen. Die extreme Preisexplosion zwei Tage davor hatte die finanziellen Hilfsmittel der Stadt ausgereizt. Anwesend waren mehrere Vertreter der Bundesregierung, jedoch keiner der Stadtregierung. Stattdessen Manager von Wien Energie und Stadtwerken. Hanke: Man sei davon ausgegangen, es handle sich um ein Expertengespräch.
Nach der Befragung kritisierte Hanke vor Journalisten das damalige ORF-Interview von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) scharf. Brunner warf der Wien Energie mögliche Spekulation vor und stellte eine Zahlungsunfähigkeit in den Raum. „Das war ein politisches Foul“, nachdem die Gespräche die Stunden davor sehr gut verlaufen seien.
Warum gibt Hanke sein Handy nicht her?
Vor der Sitzung hatte Hanke der U-Kommission ausgesuchte Kalender-Einträge zugestellt, nicht aber seine Anruflisten. Diese würden dem Telekommunikationsgesetz unterliegen – und dieses lasse nur einen Auszug der vergangenen drei Monate zu. Der Untersuchungszeitraum endet aber mit Ende August 2022.
„Es sind ein paar Puzzlesteine hinzugekommen. Es tun sich aber auch neue Fragen auf“, zog der Vorsitzende der U-Kommission, Martin Pühringer nach fünf Stunden Befragung Bilanz. Fragen, die vielleicht Michael Ludwig beantwortet – am 31. März.
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