Wie Wien bis 2040 den Gasausstieg schaffen will

Zuletzt haftete der Wiener Stadtregierung nicht unbedingt das Image an, im Kampf gegen den Klimawandel besonders beherzt vorzugehen. Vor allem die SPÖ musste sich aufgrund ihres vehementen Eintretens für die Nordostumfahrung den Vorwurf gefallen lassen, als autofreundliche „Betonierer“-Partei zu agieren.
Wohl auch zur Image-Korrektur wurde das Thema der diesjährigen Regierungsklausur gewählt, zu der sich die Stadträte von SPÖ und Neos am Donnerstag auf dem Cobenzl zusammengefunden hatten: „Raus aus dem Gas“.
600.000 Gasgeräte
Unter diesem Motto hat Rot-Pink konkrete Maßnahmen und Pläne entwickelt, um das Ziel zu erreichen, dass bis 2040 alle Gebäude in der Stadt nur mehr mit erneuerbaren Energien geheizt (oder gegebenenfalls gekühlt) werden. „Das ist eine komplexe Herausforderung“, sagt Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). „Für 600.000 Gasgeräte, davon rund 475.000 dezentral, sowie für 460.000 Kochgasgeräte müssen Lösungen gefunden werden.“
Um den Umstieg in den bestehenden Gebäuden zu schaffen, muss zunächst erst geklärt werden, wo in der Stadt welche Alternativen zum Gas zum Einsatz kommen können.
Wiener Wärmeplan
Dafür arbeitet man gerade am sogenannten „Wiener Wärmeplan“, der 2025 fertig sein soll, kündigt Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) an. Grob lässt sich schon jetzt sagen: In dicht verbauten Gebieten wird eher Fernwärme zum Einsatz kommen, an der Peripherie eher Technologien wie die Nahwärmenetze.
Gedanken macht sich die Regierung auch über Übergangslösungen: Menschen, die jetzt noch vor dem Gas-Ausstieg eine neue Therme benötigen, sollten mehr Möglichkeiten als bisher bekommen, ein Gerät zu leasen.
Ein zweiter Bereich sind die thermischen Sanierungen, um den Energieverbrauch weiter zu senken: Die Mittel der Stadt dafür werden von derzeit jährlich 30 auf 60 Millionen Euro erhöht, kündigt Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) an.
Jahresbudget
Das ist ein Bruchteil dessen, was Wien insgesamt in den Gas-Ausstieg investieren will. „Es handelt sich pro Jahr um mehr als 1,3 Milliarden Euro“, sagt Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos).

Christoph Wiederkehr (Neos)
Damit sich die Bevölkerung besser vorstellen kann, worauf es ankommt, werden nun rund 100 Umsetzungsprojekte gesammelt, die als Beispiel für weitere Gebäude der Stadt dienen sollen.
Der Großteil der Vorhaben könne man aber nur dann umsetzen, wenn der Bund endlich das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz beschließe, so die Stadträte unisono. Es ist als rechtliche Grundlage erforderlich, um den flächendeckenden Austausch der Thermen durchführen zu können. „Der Geduldsfaden ist schon lange gerissen“, sagt Czernohorszky.
Harsche grüne Kritik
Wenig können die Grünen den Vorhaben der Stadtregierung abgewinnen: „So wird etwa bei verstärkten Investitionen in die Fernwärme eine Heizform einzementiert, die immer noch zum Großteil aus Gas besteht“, sagt Parteichef Peter Kraus.
Kein Thema war bei der Tagung auf dem Cobenzl der Bereich Verkehr, was die Grünen für ein schweres Versäumnis halten. „Das Klimasorgenkind Verkehr ist in Wien für 36 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich“, kritisiert Kraus. „Die SPÖ kann hier nicht weiter den Kopf in den Sand stecken, sondern muss dringend handeln.“
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