Dass der Umweltstadtrat seit Herbst eigentlich Jürgen Czernohorszky heißt, gerät beinahe in den Hintergrund. Immerhin: Am Mittwoch darf er den Spatenstich für einen neuen Park am Nordbahnhof-Gelände durchführen.
Fast scheint es, als wolle die Wiener SPÖ wieder einmal grüner sein als die originalen Grünen. In der Öffentlichkeit werden die Roten allerdings (noch) nicht so stark als Klimaschutzpartei wahrgenommen. Verantwortlich dafür ist auch ein Thema, das die vergangenen Tage weit mehr dominierte als diverse Begrünungs- und Kühlungsaktionen: der Streit um den Lobautunnel. Neu angefacht wurde er durch die Ankündigung von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), dieses und andere Straßenprojekte noch einmal zu überprüfen. Was ihr prompt Ludwigs Drohung mit Klagen einbrachte, sollte die Nordostumfahrung dadurch gestoppt werden.
Wasser auf den Mühlen derer, für die die SPÖ immer noch als „Betonierer“-Partei gilt. Sie weisen darauf hin, dass im rot-pinken Koalitionspakt ein „Klimacheck“ für neue städtische Projekte vereinbart ist, die SPÖ aber Sturm läuft, wenn Gewessler einen solchen für den Lobautunnel plant. Oder darauf, dass die SPÖ die geplante Verkehrsberuhigung der Praterstraße verzögert.
Auch parteiintern missfällt das: Parteirebell Niki Kowall befand vor Kurzem, der SPÖ fehle bei zentralen Themen eine klare Linie. Dazu gehöre neben der Migrations- auch die Klimapolitik.
Seit Hainburg gespalten
„Tatsächlich ist die SPÖ in dieser Frage bis zu einem gewissen Grad gespalten. Und das schon seit Hainburg“, sagt der Politik-Berater Thomas Hofer und erinnert auch an den Nationalratswahlkampf 2019, als die Grünen gegen Billigfleisch aufgetreten waren und sich die SPÖ daraufhin als Retter des Schnitzels inszenierte.
Die inneren Widersprüchliche würden sich daraus ergeben, dass Klimaschutz auch eine soziale Frage sei. Die klassische SPÖ-Klientel im Gemeindebau könne es sich schlichtweg nicht leisten, selbst eine Solaranlage aufs Hausdach zu stellen.
Ähnlich verhalte es sich beim Lobautunnel. Hier müsse Ludwig auf seine Verbündeten in den Flächenbezirken Rücksicht nehmen, die massiv unter der Verkehrsbelastung leiden – und sich vom Tunnel Entlastung erhoffen. Aktionen wie die Eröffnung der nächsten Nebeldusche würden daneben nur wie „Symbolpolitik“ erscheinen, sagt Hofer. Er glaubt nicht, dass sich diese innere Widersprüchlichkeit beseitigen lasse: „Da müsste die SPÖ den Grünen das Thema gänzlich wegnehmen, was schwer möglich ist“.
Sehr wohl möglich sei es aber, als SPÖ stärker darauf zu pochen, dass die Vermögenden und die Konzerne beim Kampf gegen den Klimawandel stärker finanziell in die Pflicht genommen werden. Einen Versuch, Klimaschutz und Soziales zu verbinden, unternahm die SPÖ übrigens vergangene Woche im Bund: Ihre Zustimmung zum Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energiequellen ließ sie sich mit entlastenden Maßnahmen für Geringverdiener abkaufen.
Ludwig setzt auf eine andere Strategie: Darauf angesprochen, wie sich der Lobautunnel mit dem Klimaschutz vereinbaren lässt, sagt er: „Der Tunnel in der geplante Form ist die verträglichste Variante. Kommt die Nordostumfahrung nicht, droht eine weitere Versiegelung der Region. Ob das ökologisch sinnvoller ist, wage ich zu bezweifeln.“
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