Die acht Frauen sind 16 bis 20 Jahre alt und eigentlich Teilnehmerinnen eines vierwöchigen Berufsvorbereitungskurses beim Verein Sprungbrett (siehe Infokasten unten).
Mehr als nur das Verfassen von Bewerbungen
Doch hier geht es nicht nur um das Verfassen von Bewerbungen: „Viele Teilnehmerinnen haben bereits Mobbing, sexuelle Belästigung oder Diskriminierung erlebt“, erklärt Claudia Frick, Beraterin bei Sprungbrett. „Wichtig ist, ihnen zu zeigen, dass sie mit ihren Erfahrungen nicht alleine sind und dass gesellschaftliche Strukturen und Machtverhältnisse dahinterstehen.“ Daher wolle man das Selbstbewusstsein der Frauen stärken: Und dazu gehört eben auch das sichere Auftreten im Praktikum, Job oder öffentlichen Raum – nicht nur, aber auch gegenüber Männern.
Am Stundenplan steht daher diesmal: Nein sagen und Grenzen setzen.
Dazu werden einige fiktive Szenen durchgespielt: „Stellt euch vor, eine Freundin fragt, ob ihr ihr Geld borgen könnt, obwohl sie es bisher nie zurückgezahlt hat“, sagt Trainerin Magdalena Baumgartner. Nicht so schlimm, es sei ja eine Freundin, befinden einige. Manche würden das Problem ansprechen, andere sagen, es hänge vom Betrag ab.
„Wie ihr seht, empfinden es manche als schlimmer, andere als weniger. Grenzverletzungen können unterschiedlich empfunden werden“, fasst Baumgartner zusammen.
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Sobald allerdings das Thema Belästigung aufkommt, ist klar: Alle jungen Frauen empfinden diese als Grenzverletzung.
„Ein Mann hat sich in einem Bus neben mich gequetscht. Ich habe gesagt, ich muss aussteigen, und habe mich weiter hinten in den Bus gesetzt“, erzählt eine Teilnehmerin. Vor allem in den Öffis haben viele schlechte Erfahrungen gemacht: mit dem sogenannten „Manspreading“ (wenn Männer breitbeinig sitzen), mit absichtlichen Berührungen oder mit Männern, die einen anstarren oder einem hinterhergehen.
Wie kann man Grenzüberschreitungen ansprechen kann
Doch was tun?
In manchen Situationen könne man Grenzüberschreitungen ansprechen, sagt Baumgartner (etwa: „Sie starren mich an“). Dann könne man erklären, was das mit einem mache („Das belästigt mich“). Der dritte Schritt sei, zu sagen, was passieren soll („Setzen Sie sich weg“).
Dann sammelt die Trainerin weitere Ideen und notiert diese auf einem Flipchart: etwa eine aufrechte Haltung einnehmen, aufstehen und weggehen, andere Leute um Hilfe bitten, so zu tun, als ob man telefoniere, oder die Polizei rufen.
Nach dem Kurs sind einige der Mädchen bereit, mit dem KURIER zu sprechen: etwa die 20-jährige Ksenia, die gerne an der Universität für angewandte Kunst studieren möchte. „Gut ist, dass wir hier unsere Stärken kennenlernen. Und dass wir über alles reden können“, sagt sie. Angelina (16), Maya (18), Amina (16) und Sude (16) pflichten ihr bei: „Wir waren sofort so richtig Geschwister-mäßig“, sagt Maya und lacht.
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Und sie alle sind froh, dass es im Kurs nicht nur um Bewerbungsschreiben und Vorstellungsgespräche geht, sondern auch um Themen wie das Setzen von Grenzen.
„Es hilft, wenn man hört, dass anderen etwas Ähnliches auch passiert ist, und dass es nicht meine Schuld war“, sagen sie. Und natürlich, dass sie nun Werkzeuge haben, um künftig selbstbewusster aufzutreten.
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