Wie eine Freundschaft mit einer Österreicherin bei der Integration hilft
Der Besuch von „Frau Elfriede“ wird mit großer Vorfreude erwartet: Am Herd köchelt bereits das Essen, im kleinen Wohnzimmer wird ein Sitzplatz für sie hergerichtet. Der 34-jährige Zia Afzali schüttelt einen Polster auf, damit die fast 80-jährige Dame bequem sitzen kann. „Frau Elfriede ist wie eine Mutter für uns“, sagt die 28-jährige Fatima Afzali. „Na, wohl eher die Großmutter oder die Uroma“, erwidert diese und lacht.
Es ist ein Zufall, der das junge Paar aus Afghanistan mit der Seniorin aus Wien zusammengeführt hat. Hier die Geschichte dieser ungewöhnlichen Freundschaft.
Ausgangspunkt war ein Artikel im KURIER: Mitte Dezember 2023 erschien ein Interview mit Fatima Afzali, die erzählte, wie sie es schaffte, in relativ kurzer Zeit beim Integrationsfonds erfolgreich Deutsch zu lernen. Darin erwähnte sie, dass Freunde zu finden in Österreich fast noch schwieriger sei, als die Sprache zu erlernen.
Elfriede Skrobar, also „Frau Elfriede“, seit Jahren KURIER-Leserin, rief daraufhin in der Redaktion an. „Wenn ich der jungen Frau nicht zu alt bin, kann sie sich gerne melden. Ich treffe mich mit ihr und stelle ihr auch andere Österreicher vor.“
Erstes Treffen fand in der Konditorei statt
Fatima Afzali freute sich, wie sie sagt, riesig darüber. Es gab ein paar Treffen in Konditoreien, bald kam die „Frau Elfriede“ die junge Familie – Fatima, Zia und die zweieinhalb Monate alte Helena – auch besuchen.
Bei einem Treffen durfte der KURIER dabei sein und darüber sprechen, wie dieser Kontakt bei der Integration helfen kann.
Skrobar engagiert sich in der Pfarre und für Flüchtlinge
Schon in den 1970er-Jahren habe sie Flüchtlingen geholfen, erzählt Skrobar am Weg zur Wohnung des Paares.
Das sei über ihr Engagement in der Pfarre in Wien-Hütteldorf zustande gekommen. „Damals waren es Bootsflüchtlinge aus Vietnam.“ Später folgten Menschen aus dem damaligen Jugoslawien oder der Tschechoslowakei; auch einem Iraner half sie, hier Fuß zu fassen.
Und sie fügt hinzu: „Wissen Sie, ich bin nicht naiv.“ Natürlich habe man in der Pfarre auch Ausländer getroffen, die ein fragwürdiges Benehmen an den Tag legten. „Aber die gibt es doch überall“, sagt sie. „Ich will denen helfen, die sich bemühen, sich zu integrieren.“
Integration: Alle Asylberechtigten müssen die Sprache erlernen. Der ÖIF bietet Deutschkurse für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte an. Der Besuch ist verpflichtend (und etwa auch an den Erhalt der Sozialhilfe gekoppelt).
Schnelles Erlernen der Sprache: Die Muttersprache von Fatima Afzali ist Persisch (Dari). Bereits nach zwei Jahren erreichte sie im Deutschkurs Level C1 („fließende, kompetente Sprachverwendung“), daher wurde sie damals vom KURIER interviewt.
Die erste Freundin in Österreich
Von der Familie wird „Frau Elfriede“ herzlich begrüßt. Zia, der 2015 aus Afghanistan nach Wien kam, erzählt, dass er einige Österreicher kennengelernt habe. Eine richtige Freundschaft sei bisher aber nicht entstanden. Fatima, die 2021 folgte, hatte bisher nur zu ihrer Deutschlehrerin näheren Kontakt. So gesehen sei Skrobar die erste richtige Freundin hier.
Ein Mensch, der ein paar Türen öffnet
Und was die Integration betrifft: „Welche Behörde ist zuständig, wie funktioniert die Bürokratie – das ist in einem fremden Land ja nicht so einfach“, sagt Skrobar. Oft brauche es nur einen einzigen Menschen, der ein paar Türen öffne.
Zia etwa arbeitet als Elektriker. Skrobar unterstützt ihn nun, eine zusätzliche Ausbildung zu machen. Fatima wiederum war in Afghanistan als Hebamme tätig. Hier gehe es darum, ihr zu helfen, dass ihre Ausbildung anerkannt wird.
Zia Afzali half beim Flohmarkt der Pfarre
Im Gegenzug hat Zia beim karitativen Flohmarkt der Pfarre geholfen. „Nächstes Mal bin ich wieder dabei“, sagt er und lacht. So lerne er Einheimische kennen. „Es ist nämlich nicht einfach, in einer Stadt mit Menschen ins Gespräch zu kommen“, erzählt er. Zumal als Afghane: „Wenn es nicht nötig ist, sage ich gar nicht, woher ich komme.“
Es gebe eben unter den Afghanen auch solche, die Analphabeten und schwer zu integrieren seien – mit ihnen möchte er nicht in einen Topf geworfen werden.
Ob es weitere Treffen geben wird?
„Sicher, sicher“, antworten alle und lachen. Sie sei zwar nicht mehr so gut zu Fuß, sagt Skrobar. Dennoch freue sie sich schon auf einen Spaziergang mit dem Kinderwagen in Grünen.