Unter anderem hatte die MJÖ die Fragestellung kritisiert: So werde abgefragt, ob Muslime nur mit ihresgleichen befreundet seien und ob Frauen für unsittliches Verhalten bestraft werden sollten. „Wer kritisiert, dass ,tendenziöse’ Fragen gestellt werden, versteht nichts von Sozialforschung. Auch wenn man zu Antisemitismus oder Rechtsextremismus forscht, werden Fragen in dieser Art gestellt“, so Güngör. Dabei gehe es nicht darum, etwas zu suggerieren, sondern darum, eine Einstellung abzufragen.
Ebenso kritisierte die MJÖ, dass nur Muslime befragt wurden. „Das ist per se weder stigmatisierend noch moralisch zu verurteilen, zumal hier der Islamunterricht untersucht wird“, erklärt Güngör. Themen und Zielgruppen bedürften immer der Eingrenzung. So würde man bei einer Studie über Frauen ja auch Frauen befragen. Er fügt hinzu: „Dieser Entrüstungs-Sofortismus ist ein Problem – er ist ein Affekt-stärkender und Intelligenz-reduzierender Verstärker.“
"Untersuchung unterbinden"
Auch Historiker Heiko Heinisch, der unter anderem an Studien zu Wiener Moscheen gearbeitet hat, kritisiert die vorschnelle Verurteilung: Er verstehe nicht, woher der Druck komme, dass sich gar der Minister so schnell distanziere; damit setze dieser auch die Studienautoren unter Druck. Und: „Man hat den Eindruck, dass die MJÖ jede Untersuchung mit dem Islam möglichst unterbinden möchte, aus Angst, dass negative Ergebnisse herauskommen.“
Von den Studien-Verantwortlichen war trotz mehrmaliger Nachfragen am Donnerstag keiner zu einer Stellungnahme bereit. Projektleiter ist Ednan Aslan, also jener Wissenschafter, der auch schon für die „Islamlandkarte“ verantwortlich zeichnete.
Trotz Anfragen bei mehreren Organisationen fand sich nicht einmal ein Experte, der allgemein über islamischen Religionsunterricht sprechen wollte. Man wolle sich ungern öffentlich äußern, zumal sich sogar schon der Minister festgelegt habe, hieß es im Hintergrund. Was zeigt, wie heikel das Thema ist.
Neue Studie aus Oberösterreich
Handlungsbedarf beim Islamunterricht in Moscheen hat jedenfalls eine Studie gezeigt, die in Zusammenarbeit der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz (PHDL), der Johannes Kepler Universität (JKU) und des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) erstellt wurde. In 18 von 65 Moscheegemeinden in OÖ wird Moscheeunterricht erteilt. 15 davon, in denen 1.405 Kinder und Jugendliche unterrichtet werden, wurden untersucht.
Einblick von außen in den Aufbau des Moscheeunterrichts sei schwierig, heißt es in der Studie. Der Unterricht erfolge „ethnisch einseitig“. Kritisiert wird, dass der Unterricht fast ausschließlich in der Herkunftssprache erfolge und keine Unterrichtsmaterialien in Deutsch vorlägen. Die Materialien sind lebens- und alltagsfern und stellen „keinen Bezug zum Leben der Muslime in Oberösterreich“ her.
Den Reformbedarf am Moscheeunterricht erkennt auch die Islamische Religionsgemeinde Oberösterreich (IGGOÖ) an – deshalb werden Kriterien für den Inhalt des Unterrichts und die Qualifikation der Lehrkräfte erstellt, ebenso Unterrichtsmaterialien, die das Leben abbilden. Diese werden regelmäßig evaluiert. Darüber hinaus soll der Dialog zu anderen Religionen in den Unterricht integriert werden.
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