Wie eine 90-jährige Wienerin um 14.000 Euro betrogen wurde
Andreas S.* kann sich noch gut an den Anruf seiner Mutter vergangene Woche erinnern.
„Sie war ganz aufgeregt und hat gesagt, sie ist nun Teil einer verdeckten Ermittlungsaktion“, schildert er.
Am Telefon berichtete die 90-Jährige, die bereits einige Betrugsversuche in der Vergangenheit durchschaut hatte, was sie erlebt hatte.
"Müssen die Täter finden"
Die Seniorin erhielt einen Anruf von einer Person, der sich als Mitarbeiter ihrer Bank ausgab. „Mit einem gefälschten Pass hat gerade jemand versucht, von ihrem Konto Geld abzuheben. Es wird sich in Kürze jemand von der Polizei bei Ihnen melden, bitte reden Sie mit dem, wir müssen die Täter finden“, wiederholt Andreas S. das, was seiner Mutter gesagt worden war.
Der Plan, an die Hilfsbereitschaft der älteren Dame zu appellieren, funktionierte: Kurz darauf meldete sich jemand von der „Kriminalpolizei“ bei der Wienerin. Es gebe den Verdacht, dass in der Bank jemand gemeinsame Sache mit der Täterin mache – einer Serbin, die in angeblich in Österreich lebe. Es gelte nun, diese Frau zu überführen – mithilfe der Dame.
Andere Bankfiliale
Sie müsse dafür in eine Bankfiliale gehen, Geld abheben, und das einem Polizisten geben, der später bei der 90-Jährigen Zuhause vorbeischauen werden. „Die Person am Telefon betonte aber, dass meine Mutter nicht in ihre Bankfiliale gehen sollte – dort könnte man nachfragen, warum sie so viel Geld abhebt –, sondern in eine andere“, schildert Andreas S.
Gesagt, getan. Einen Auftrag erhielt seine Mutter noch: Sie solle ihr Handy auf laut stellen, damit die „Polizisten“ am anderen Ende mitverfolge können, was in der Bank gesprochen wurde. Die 90-Jährige rief ein Taxi, ging in eine Bank und hob dort 14.000 Euro ab. Diese Summe übergab sie einem „Polizisten“, den sie bei sich Zuhause traf.
Sohn erstattete Anzeige
„Der sagte dann zu ihr, dass sie das großartig gemacht habe und man nun endlich wisse, wie das Ganze funktioniert. Und dass er das Geld jetzt auf die Bank zurückbringe“, sagt ihr Sohn. Schnell stellte sich aber heraus, dass seine Mutter Opfer eines Betrugs geworden war. Andreas S. erstattete umgehend Anzeige.
Diese wird im kommenden Jahr in die Anzeigenstatistik des Bundeskriminalamts (BK) einfließen. 2023 wurden 1.605 Fälle im Zusammenhang mit falschen Polizisten gemeldet, im Jahr 2022 waren es 1.760. Der Schaden, der durch diese Masche entstanden ist, ist beträchtlich, wie Reinhard Nosofsky, Leiter der Abteilung für Betrugsermittlungen im BK erklärt.
Hohe Schadenssumme
„Im Jahr 2023 hatten wir einen Schaden von 20 Millionen Euro, im Jahr davor waren es 15 Millionen.“ Es sei noch zu früh, um eine Prognose darüber abzugeben, wie sich der Schaden in diesem Jahr entwickeln werde. „Die Falsche-Polizisten-Masche ist ein sehr weit verbreiteter Modus. Die Täter suchen gezielt im Telefonbuch nach älteren Namen und Festnetznummern“, sagt Nosofsky.
Dass die Betrüger ihre Opfer ausspionieren, könne zwar vorkommen, doch die meisten Informationen erhalten sie von den Opfern selbst. „Sie verwickeln sie so geschickt in ein Gespräch, dass die Betrogenen gar nicht mehr wissen, was sie alles preisgegeben haben“, so der Experte. Und betont, dass jeder von uns mit der richtigen Geschichte im richtigen Moment zum Opfer werden könne.
Die Geschichte dürfte auch im Fall der 90-Jährigen die Richtige gewesen sein. „Meine Mutter hat gesagt, sie hat gar nicht richtig nachgedacht. Sie wollte einfach nur helfen“ , sagt Andreas S.
* Name von der Redaktion geändert
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