Frustration macht sich ein Jahr nach Pandemiebeginn beim Pflegepersonal in den Wiener Spitälern breit: „Wir sind alle nur am Arbeiten, und viele von uns sind schon sehr erschöpft. Vor allem die Kollegen, die auf Covid-Stationen arbeiten“, schildert Spitalsmitarbeiter Martin T. (Name geändert).
Was gerne vergessen wird: Viele aus dem Pflegepersonal haben sich selbst mit dem Virus angesteckt – mit allen Konsequenzen. „Ich hab mich auch infiziert. Es macht die Sache nicht wirklich leichter, wenn man zwei Monate danach immer noch nicht zu hundert Prozent fit ist, aber arbeiten muss“, schildert der Pfleger. „Aber das Personal ist knapp, und irgendjemand muss ja am Bett stehen.“
Als Anerkennung für ihre Leistung während der Pandemie beschloss die Stadt im vergangenen Sommer eine Prämie von 500 Euro für insgesamt 4.000 Mitarbeiter, die direkt mit Covid-19-Patienten zu tun hatten.
Eine Maßnahme, die von Anfang an auf Skepsis stieß. Der Wiener Ärztekammer-Vizepräsident Wolfgang Weismüller etwa kritisierte damals, dass nur ein Bruchteil des Spitalspersonals davon profitieren würde.
Unklare Vergabe
Für Unmut sorgte auch die Intransparenz bei der Vergabe der Prämie: „Ärzte haben den Bonus teilweise bekommen, Pflegepersonal auf derselben Station aber nicht“, beklagt der Pflege-Mitarbeiter. „Aber ich bin es schon gewohnt, dass der Pflege keiner hilft.“ Nun wird der Ruf nach einer weiteren Bonuszahlung für das Gesundheitspersonal lauter, deren Empfängerkreis diesmal aber wesentlich breiter gefasst werden soll.
Nach ersten vagen Zusagen seitens der Stadt scheinen die entsprechenden Bemühungen inzwischen aber wieder eingeschlafen zu sein. „Der Wiener Gesundheitsverbund muss endlich aktiv werden und seine Wertschätzung zeigen“, fordert daher ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec.
Für zusätzliche Boni sieht man im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) keinen unmittelbaren Handlungsbedarf: „Wir warten noch darauf, dass der Bundeskanzler seine Zusagen einlöst, die er dem Personal auf den Intensivstationen gemacht hat.“ Zudem sei für 2020 immer noch eine Milliarde Euro für die Finanzierung der Spitäler offen.
Insgesamt hätten 5.905 Mitarbeiter im Herbst eine Prämie erhalten, davon 4.907 im Gesundheitsverbund (Wigev), sagt der Sprecher. Unter den Wigev-Mitarbeitern sei sie an jene gegangen, die mindestens fünf Wochen lang direkten Kontakt zu Covid-Patienten hatten.
Pfleger Martin T. will sich in solche Debatten gar nicht mehr einmischen: „Das Personal hat schlichtweg keine Zeit für Forderungen.“
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