Wegen Park-Chaos durch Leihroller kommt Scooter-Sheriff für Wien

Der Ordner ist vorerst an drei Tagen pro Woche unterwegs 
Die Beschwerden über herumliegende Scooter häufen sich. Im 1. Bezirk will man das Problem nun lösen, die Stadt hat es auf dem Schirm.

Beim Lokalaugenschein zur E-Scooter-Situation in der Innenstadt liegt – fast wie bestellt – ein Leih-Roller mitten am Gehsteig.

"Da haben wir es wieder", sagt Dieter Steup, Bezirksobmann der Wiener Wirtschaftskammer. Hunderte Beschwerden inklusive Tatort-Fotos von herumliegenden E-Scootern habe er bereits von Geschäftsleuten bekommen.

Die Scooter sind nach einer Flaute durch Lockdown und Winter zurück. Und damit auch die altbekannten Probleme mit achtlos zur Seite geworfenen Exemplaren, die allen voran für Fußgänger zum Hindernis werden.

Im 1. Bezirk unternimmt man nun einen Versuch, der Situation Herr zu werden.

Wegen Park-Chaos durch Leihroller kommt Scooter-Sheriff für Wien

Von ursprünglich zehn Anbietern sind nur noch fünf übrig.

Die Wirtschaftskammer und Lime, einer der fünf Scooter-Verleiher in Wien, starten dazu ein Pilotprojekt: Ab Freitag wird ein eigener Scooter-Ordner im Bezirk unterwegs sein.

In der ersten Phase ist er Dienstag, Donnerstag und Freitag auf Streife, stellt umgeworfene Lime-Scooter auf, positioniert widerrechtlich geparkte Exemplare um und ermahnt Nutzer, wenn er sie beim Falschparken ertappt.

Das Ziel: die geltenden Regeln sollen bewusst gemacht werden. Quasi eine Erziehungsmaßnahme – von der man sich eine Verhaltensänderung erhofft.

"Wir wollen die Stadt nicht mit Ordnern fluten", sagt Lime-Geschäftsführer Jashar Seyfi. Es solle nicht der Eindruck entstehen, dass man seinen Scooter nach Gebrauch irgendwo hinwerfen kann und es komme dann jemand und stellt ihn wieder auf.

Dass die Debatte um die Scooter nicht nur typisch wienerische Jammerei ist, geht auch aus einer Beobachtung der Stadt Wien hervor, die von Oktober 2018 bis August 2019 vorgenommen wurde.

In diesem Zeitraum schritt die Polizei 1.559 Mal wegen Roller-Nutzern ein und stellte 540 Strafen aus – vor allem wegen des Befahrens von Gehsteigen oder des Telefonierens beim Lenken. Außerdem gab es 1.015 Beschwerden aus der Bevölkerung.

Von Letzterem kann auch Markus Figl, Vorsteher des 1. Bezirks (ÖVP) ein Liedchen singen. Umso mehr begrüßt er das Pilotprojekt in der City.

Eigene Scooter-Parkplätze

In Neubau hingegen sind die Beschwerden rund um die E-Scooter zuletzt massiv zurückgegangen, sagt Bezirkschef Markus Reiter (Grüne) Zum einen, weil weniger bis gar keine Touristen unterwegs sind. Und zum anderen, weil auch dort bereits 2020 ein Pilotprojekt gestartet wurde.

Im Bezirk wurden eigene Parkplätze für Scooter geschaffen. Derzeit gibt es bereits drei für bis zu zwölf Scooter: am Platz der Menschenrechte, in der Seidengasse und in der Mondscheingasse.

Bis zum Sommer sollen es 17 Plätze sein. Um die Nutzer dazu zu bringen, diese zu verwenden, gibt es Anreize wie Tarifvergünstigungen.

Bis Herbst wird das Projekt vom Kuratorium für Verkehrssicherheit beobachtet. Die Situation wird dann mit einem anderen Bezirk verglichen, in dem es keine Scooter-Parkplätze gibt.

Generell gelten in Wien strengere Regeln als in deutschen oder anderen österreichischen Städten. Das liegt unter anderem daran, dass die emotional geführte Debatte die E-Scooter zum Politikum und Reaktionen erforderlich gemacht hat.

Zwei-Stunden-Frist

Noch unter der Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) wurden Anfang 2020 neun Sofortmaßnahmen fixiert, die schließlich in einer Verordnung gipfelten: Anbieter müssen demnach zum Beispiel falsch abgestellte Scooter werktags zwischen 6 und 18 Uhr innerhalb von nur zwei Stunden entfernen.

Für Lime-Geschäftsführer Seyfi ist das aber in Ordnung, denn, "an rumliegenden Scootern verdienen wir ja auch kein Geld."

Ihren Plan, ab 2021 nur noch Verleiher mit Konzession in der Stadt zu dulden, konnte Hebein nicht mehr umsetzen. Laut dem Büro der neuen Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) hat man das Thema jedenfalls am Schirm und will sich „umfassend damit befassen“.

Das Pilotprojekt mit dem Ordner im 1. Bezirk wird nun für zwei Monate laufen, dann wird evaluiert. Eventuell wird bei Bedarf in der Hochsaison im Sommer das Personal aufgestockt.

Der herrenlose Scooter liegt unterdessen immer noch in der Seilergasse. Aber er ist ja auch nicht von Lime, sondern von einem Mitbewerber.

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