Wegen Corona-Krise: 22 Prozent weniger Radfahrer in Wien
Der Donaukanal ist bei den Wienern beliebt. Wie sehr, das fällt besonders während der Corona-Pandemie auf: Die Polizei hat dieser Tage dort alle Hände voll zu tun – besonders bei schönem Wetter ist viel los. Manchmal gar mehr, als vor Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen, könnte man meinen.
Was die Radfahrer betrifft, stimmt dieser Eindruck. Das zeigen bisher unveröffentlichte Zahlen, die dem KURIER vorliegen. Sie stammen von den 14 Zählstellen, die in ganz Wien verteilt sind und vorbeifahrende Radler über Drahtschleifen im Boden registrieren.
Demnach ist die Zahl der Radfahrer am Donaukanalradweg von der 2. Märzwoche (als das Leben noch seinen gewohnten Lauf nahm) auf die 3. Märzwoche (an deren Beginn der Ausgang reglementiert wurde) um satte 32 Prozent auf 11.964 Radfahrer gestiegen. Einen Zuwachs gab es auch auf der Linken Wienzeile - um 20 Prozent.
Die Zählstellen in der Innenstadt liefern ein völlig anderes Bild. Operngasse und Argentinierstraße: minus 49 Prozent – das entspricht exakt 10.646 bzw. 7.725 Radfahrern weniger. Pfeilgasse: minus 48 Prozent. Äußerer Opernring: minus 45 Prozent.
Radler bleiben daheim
Was das bedeutet? „Das Alltagsradeln nimmt ab. Auf den Routen in der Innenstadt, wo die Leute zur Arbeit radeln, sehen wir deutliche Rückgänge“, heißt es im Büro der grünen Vizebürgermeisterin Birgit Hebein. „Das Freizeitradeln nimmt stark zu, wie wir etwa am Donaukanal sehen.“
Das erkläre auch den Anstieg auf der Linken Wienzeile. Die dortige Zählstelle befindet sich gegenüber des Auer-Welsbach-Parks: Wer zum Wienflussradweg oder in den Wienerwald radelt, muss an ihr vorbei.
Insgesamt ist die Radfahrer-Bilanz der beiden Wochen negativ: In ganz Wien ist die Zahl der Radfahrer laut einer Hebein-Sprecherin um 22 Prozent zurückgegangen.
Stagnierender Anteil
Eine andere Möglichkeit, den Radverkehr zu messen, ist übrigens der „Modal Split“: Er beschreibt den Anteil der Wege, die in Wien mit einem bestimmten Verkehrsmittel zurückgelegt wurden. Im Vorjahr betrug er für das Rad 7 Prozent – und stagnierte damit das 4. Jahr in Folge.
Und das trotz des Ausbaus der Radinfrastruktur, wie Kritiker monieren. Im Jahr 2002 betrug die Länge des Radverkehrsnetzes noch 835 Kilometer. Im Vorjahr waren es bereits 1.431 Kilometer.
Darin eingerechnet sind allerdings rund 388 Kilometer verkehrsberuhigte Bereiche und 311 Kilometer Straßen, in denen Radfahrer gegen die Einbahn fahren dürfen. Die Länge der „echten“ – also baulich getrennten Radwege – kommt lediglich auf 164 Kilometer.
Dennoch besitzen mittlerweile mehr Wiener Haushalte ein Fahrrad als ein Auto. Laut Statistik Austria stehen 61 Prozent sogenannte Fahrrad-Haushalte 55 Prozent Auto-Haushalten gegenüber. Reparieren lassen kann man sein eigenes Rad in einer von rund 140 Wiener Radwerkstätten. Sie dürfen trotz Corona-Krise Kunden bedienen.
Kommentare