WEGA: Wiens legendärster Polizist verlässt die Elite-Truppe
Der Terroranschlag von Wien, die Geiselnahme von griechischen Botschaftsmitarbeitern durch Kurden, die Fußball-Europameisterschaft oder gewalttätige Akademikerball-Demonstrationen. 18 Jahre lang war Ernst Albrecht als Chef der WEGA bei jedem Großereignis in Wien mittendrin, statt nur dabei. Nun übergibt er die Leitung an Oberstleutnant Bernhard Votava.
Der langjährige Cobra-Einsatzleiter tritt dabei in große Fußstapfen seines Vorgängers, wurde doch die Alarmabteilung mittlerweile zum nationalen und internationalen Vorzeigemodell. Sowohl in deutschen als auch in mehreren österreichischen Städten wurde das Modell in den vergangenen Jahren kopiert.
Brigadier Albrecht wurde einem breiten Publikum auch durch seine Fernsehauftritte bekannt. Wien heute, Zeit im Bild oder kurier.tv - immer, wenn es heikle Polizeithemen gab, rückte der WEGA-Chef im Fernsehen zur Erklärung aus, auch wenn so mancher Vorgesetzter lieber in Deckung ging. Mit seiner offenen und ehrlichen Art sammelte er Sympathiepunkte in der Öffentlichkeit. ATV widmete ihm und seiner Truppe sogar eine eigene Serie. Obwohl diese bereits 2010 gedreht wurde, läuft diese wegen des großen Erfolgs bis heute in Endlos-Wiederholungen.
Terroranschlag in Wien
Nach dem Terroranschlag in Wien im November 2020 bekam Albrecht viel Besuch von internationalen Polizei-Delegationen. Alle wollten wissen, wie es die WEGA schaffen konnte, innerhalb von nur neun Minuten eine Terrorlage zu beenden.
"Rückblickend hat der Anschlag in Wien gezeigt, dass alles möglich ist, wenn man ohne Wenn und Aber auf Miteinander setzt", lautete Albrechts Fazit. Wenig eitel hob er besonders die Bezirkskräfte hervor, die sich als Ersteinschreiter dem Täter in den Weg stellten und unter Lebensgefahr genau das umgesetzt haben, was die Einsatzpläne vorsahen. "Sie waren der Störfaktor, der ihn aus dem Konzept gebracht hat. Danach war er wie ein Gejagter unterwegs und hat die Übersicht verloren."
Wäre der Terrorist nicht gestoppt worden, hätte er in den Bereichen Rotenturmstraße oder Stephansplatz eine Vielzahl von Menschen vorgefunden, die noch nicht vorgewarnt gewesen wären, fügte der WEGA-Chef hinzu.
Geiselnahme durch Kurden in Wien
Bekannt wurde der Elite-Polizist aber auch durch seinen mitunter trockenen Humor. Als Spezialeinheiten in ganz Europa die Botschaften stürmten, weil Kurden wegen der Festnahme ihres PKK-Anführers Abdullah Öcalan die griechischen Vertretungen besetzten, durfte Österreichs Exekutive auf Befehl von oben nicht eingreifen. Auf die Frage von Journalisten, warum die Geiselnehmer bei uns nach fast zwanzig Stunden unbehelligt abziehen durften, lautete seine Antwort: "Weil das nur eine Tupperware-Party in der Botschaft war."
Albrecht versuchte aber stets auch, hinter den Kulissen die Polizei in das rechte Licht zu rücken. Er lud Dutzende Journalisten zu Polizei-Einsatztrainings, um ihnen zu zeigen, dass Schüsse in die Beine Angreifer ebenso wenig stoppen wie Schüsse in die Autoreifen - das funktioniert nämlich nur im Film. Auch ein prominenter NGO-Vertreter wurde auf diese Weise vom größten Polizei-Kritiker plötzlich zum Verteidiger der Exekutive bei Schusswaffengebräuchen, nachdem er mit der Wirklichkeit konfrontiert wurde.
Neue Funktion im Innenministerium
Am Ende prägte der langjährige WEGA-Chef das Bild der Exekutive mehr als jeder andere, sogar als viele Innenminister und Polizeipräsidenten.
Seit August 2023 ist Albrecht im Ministerium der Bundespolizeidirektion und somit Bundespolizeidirektor Michael Takacs zugeordnet. Konkret der Abteilung 5, wo er das Referat B leitet. Zuständig ist dieses etwa für brisante Fußballspiele.
Die Betrauung seines Nachfolgers dürfte jedenfalls ziemlich überraschend und kurzfristig erfolgt sein. Votava, der sich laut Innenministerium gegen sechs andere - durchwegs männliche - Bewerber durchgesetzt hat, befindet sich auf Urlaub. Noch gibt es nicht einmal ein offizielles Foto von ihm.
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