Verkehrsberuhigte Wiener City: Langersehnter Entwurf der Novelle ist da

Verkehrsberuhigte Wiener City: Langersehnter Entwurf der Novelle ist da
Die Stadt ist über die Änderungen nicht erfreut. Hier die wichtigsten Punkte.

Lang ersehnt, ist er nun endlich da: Der Entwurf für die Novelle der Straßenverkehrsordnung  zur verkehrsberuhigten Innenstadt ist vom Klimaschutzministerium von  Leonore Gewessler (Grüne) an die Stadt Wien übermittelt worden. Sprich: Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) hat ihn endlich zu Gesicht bekommen – seit Monaten wartet sie darauf, wie sie auch schon mehrmals öffentlich betont hatte. Ihre Freude währte aber nur kurz. Der Entwurf sei nämlich „unbrauchbar“, wie sie zum KURIER sagt.  

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Er biete laut Sima keine Grundlage dafür, die geplante Verkehrsberuhigung in der Inneren Stadt durchzuführen. Die geplante Überwachung des Einfahrtsverbots mit Fotokameras sei weiter nicht möglich, beklagte die Stadträtin. 

Konkrete Kritikpunkte am Entwurf sind: 

  • Kameras bei Demonstrationen verhängen

Kritisiert wird, dass Kameras aus datenschutzrechtlichen Gründen bei Demonstrationen, Sportveranstaltungen und ähnlichen Großveranstaltungen verhängt werden sollen. Laut  Stadt habe es aber allein im Jahr 2022 fast 1.800 Veranstaltungen oder Demos in der Inneren Stadt gegeben. Sprich: Die Kameras müssten mehrmals täglich ausgeschaltet oder verhängt werden. 

  • Gelindere Maßnahmen ausprobieren

Für Verärgerung sorgt bei Sima  auch, dass laut dem Entwurf  vor dem Einsatz von Kameras „gelindere Maßnahmen“ geprüft werden sollen.  Tafeln seien aber ungeeignet für die Verkehrsberuhigung.

"Enttäuschung ist groß"

„Die Enttäuschung ist bei uns sehr groß“, so Sima. „Wir wollen das größte Verkehrsberuhigungsprojekt Österreichs umsetzen und ich kann einfach nicht nachvollziehen, warum die grüne Verkehrsministerin dies verhindert. Es wird verzögert und auf Zeit gespielt, dabei könnten wir längst fertig sein mit der Umsetzung!“  

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Im Klimaschutzministerium beurteilt man die Lage völlig anders. Man habe eine „Novelle ausgearbeitet, die den rechtlichen Rahmenbedingungen entspricht“, heißt es auf KURIER-Anfrage. Dabei müssten  die strengen Datenschutzregeln eingehalten werden.  Wichtig sei dabei eben die kritisierte  Prüfung von  gelinderen Mitteln als Kameras, aber auch Maßnahmen für den Schutz von Persönlichkeitsrechten bei Demonstration seien erforderlich.

Zur Gesprächsrunde geladen

Und: „Von einem Entwurf der die grund- und datenschutzrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, hat niemand etwas.“ Außerdem habe man zu einer gemeinsamen Gesprächsrunde eingeladen – dort sollen die Details diskutiert werden.  Dass ein runder Tisch angedacht sei, bestätigt man auch im Sima-Büro.  Eines sei aber selbstverständlich, betont man im Ministerium: „Am Ende gilt: Gesetze beschließen in Österreich weder Ministerien noch Städte – sondern nur das Parlament.“

Dieser  Zwist ist nur eine weitere Episode in einer langen Geschichte von Unstimmigkeiten. Jahrelang wurde debattiert – oder vielmehr gestritten –, bevor im Oktober 2022 ein  (vorerst) finales Konzept von Stadt und Bezirk für eine Verkehrsberuhigung der Innenstadt präsentiert wurde. Mit dabei unter anderem Sima und Markus Figl (ÖVP), der streitbare Bezirksvorsteher des 1. Bezirks.

Machbarkeitsstudie

Das Konzept sieht vor, dass die Zufahrt in die City deutlich beschränkt wird. Künftig soll es nur mehr Bewohnerinnen und Bewohnern, berechtigten Personen oder Menschen, die ihr Fahrzeug in einer Garage parken, erlaubt sein, in die Innenstadt zu fahren. Die Überwachung der Zufahrtslimits soll mit Kameras erfolgen. Eine eigens in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie kommt zum Schluss, dass dadurch  künftig ein Drittel weniger Einfahrten in die City stattfinden würden.  Aktuell fahren täglich rund 53.000 Kfz in den 1. Bezirk ein. Die Studie geht von rund 15.700 Einfahrten weniger aus.

Man unterstütze Projekte zu Klimaschutz und Verkehrssicherheit „mit großer Freude“, hieß es damals im Gewessler-Ministerium. Die datenschutzrechtlichen Anforderungen müssten aber „gründlich ausgearbeitet werden“.  Genau an diesem Punkt hakt es  nach wie vor.

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