Die unbekannten Toten von Wien: Vier Leichen und keine heiße Spur
Am 16. April schlugen Bauarbeiter in Wien-Margareten Alarm: Bei Grabungen in einem Keller hatten sie eine Leiche gefunden, die in einem Plastiksack verpackt war. Der Kopf lag abgetrennt neben dem Körper.
Erste Ermittlungen zeigten, dass es sich bei dem Toten um einen sehr jungen Mann, möglicherweise einen Teenager, handelt. Doch auch nach drei Wochen weiß niemand, wer er war.
Das Problem ist der Zustand der Leiche, die schon seit mehreren Monaten unbemerkt unter Schutt in dem Kellerabteil gelegen haben dürfte. Die feuchtkalten Verhältnisse und der relativ warme Winter haben die Verwesung beschleunigt, was es der Gerichtsmedizin schwer macht.
Obduktionsergebnis liegt noch nicht vor
Eine erste Leichenbeschau zeigte, dass der junge Mann Opfer eines Gewaltverbrechens geworden sein dürfte. Er wies zahlreiche Stich- und Schnittverletzungen auf, Wunden an den Händen deuten auf einen Abwehrkampf hin.
Laut Polizeisprecher Markus Dittrich laufen die Ermittlungen derzeit auf Hochtouren: "Bislang konnten jedoch keine öffentlich relevanten Erkenntnisse gewonnen werden. Ein Obduktionsergebnis liegt ebenfalls noch nicht vor". Auch das hat mit dem Zustand der Leiche zu tun und damit, dass das Erstellen des toxikologischen Gutachtens einige Zeit in Anspruch nimmt.
Die Frage, welche die Polizei seit Auffinden der Leiche beschäftigt, ist die Identität des Toten. Nach vermissten Personen können Ermittler bereits vor Abschluss der Obduktion suchen. In Fällen wie diesen wird DNA des Toten gesichert, die in einer Datenbank abgeglichen wird.
300.000 DNA-Profile gespeichert
Das System gibt es in Österreich seit 1997, es wird auch mit internationalen Daten synchronisiert. Gespeichert sind derzeit knapp 300.000 DNA-Profile von Menschen, die schon einmal strafrechtlich auffällig geworden sind sowie von vermissten Personen. Erst im Februar hatte ein DNA-Abgleich einen Treffer ergeben, nachdem ein Mann tot in einer Wohnung in Ottakring aufgefunden worden war. Die Überprüfung identifizierte ihn als 27 Jahre alte Serben, der sich im Drogenmilieu bewegt haben dürfte.
Bürokratie als Hürde
In der österreichischen Datenbank gibt es im Fall des Toten von Margareten offenbar keinen Treffer, der zu einer vermissten Person führen könnte. Führt eine Spur ins Ausland, dann kann es mitunter einige Wochen dauern, bis man sicher sein kann, einen Treffer zu haben. Die Bürokratie ist Schuld: Österreich muss an die ausländischen Behörden nämlich erst einmal ein Amtshilfeansuchen stellen, wie es aus dem Bundeskriminalamt heißt.
Wird der Tote aber nicht vermisst, oder wurde seine DNA noch nie in einer Datenbank gespeichert, erschwert das die Suche. Das könnte auch der Grund dafür sein, warum es in fünf weiteren Fällen von unbekannten Toten noch keine Ergebnisse gibt.
In einem Fall handelt es sich um ein Opfer eines 27-Jährigen, der Ende Februar drei Frauen in einem Bordell in Wien mutmaßlich erstochen hat. Eine der Toten war so zugerichtet worden, dass die eindeutige Identifizierung ein Problem darstellt. Es dürfte sich um eine Chinesin handeln, die als Sexarbeiterin nach Wien gekommen war.
Sind die Toten nicht zu entstellt, greift die Polizei auch auf die Suche per Lichtbild zurück, wie im Fall eines Mannes, der im September 2023 von einer Brücke in Wien-Donaustadt in den Tod sprang. Auf der Seite des Bundeskriminalamts ist ein Foto der Leiche zu sehen.
Gleich daneben findet sich ein Bild eines weiteren unbekannten Toten, der im November 2020 in Wien-Ottakring gefunden worden war. In diesen Fällen werden keine Gewaltverbrechen vermutet, dennoch sucht die Polizei, ebenso wie in den anderen Fällen, weiter, um den Toten einen Namen geben zu können.
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