Ukrainerin erzählt, wie sie den Einstieg in den Arbeitsmarkt in Wien schaffte

„Ich bin ein Glückspilz“, sagt Yuliya Lyalka. Dabei hat die 44-Jährige eine harte Zeit hinter sich. Der Angriffskrieg auf die Ukraine beendete von einem Tag auf den anderen ihr früheres Leben: Ihren Alltag in Kiew mit ihrer Tochter und den beiden Hunden, ihren Job im Team von Bürgermeister Vitali Klitschko.
Zwei Wochen nach Kriegsausbruch floh sie nach Wien. Mittlerweile arbeitet sie für den Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF). Mit dem KURIER sprach sie darüber, warum es auch für hoch qualifizierte Migranten nicht einfach ist, den Einstieg ins Berufsleben zu schaffen.
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Ein Blick zurück: Im Februar 2022 erschüttert der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine die Welt. Akademikerin Yuliya Lyalka arbeitete damals in der Stadtverwaltung Kiews, unter anderem war sie Leiterin der Kultur- und Religionsabteilung unter Bürgermeister Klitschko.
"Habe mich zwei Wochen in Bunker versteckt"
„Als der Krieg begonnen hat, habe ich mich zwei Wochen in einem Bunker versteckt. Eine schreckliche Zeit.“ Viel mehr möchte Lyalka darüber nicht erzählen. Nur, dass sie große Angst um das Leben ihrer Tochter hatte. Sie beschloss zu fliehen.
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Dass sie in Wien landete, war eher ein Zufall: Eine Freundin von ihr lebte bereits hier, zudem hatte sie im Studium schon Deutsch gelernt. Nach zwei Monaten in Österreich fiel die Entscheidung: „Kiew ist zu gefährlich, ich bleibe hier.“ Laut ÖIF lebten mit Anfang 2023 übrigens 79.600 Ukrainer in Österreich, die meisten davon Frauen. Und wie die im Juli veröffentlichte Studie „Ukraine-Vertriebene in Österreich ein Jahr nach Kriegsbeginn“ zeigte, sind Bildungsniveau wie Leistungsbereitschaft bei den Ukrainerinnen hoch.
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Auch Lyalka beschreibt sich als „sehr zielstrebig“. Das Um und Auf sei die Sprache, sagt sie. Fünf Mal pro Woche ging sie in den Deutschkurs. „Und ich war in Museen und Ausstellungen. Eine gute Ablenkung gegen das Heimweh.“ Auch ihre Ausbildungen ließ sie hier anerkennen. „Das dauert zwar lange, fünf oder sechs Monate. Aber ich kann nur jedem raten, das zu tun“, betont die 44-Jährige.
Doch trotz aller Bemühungen: „Ich habe gemerkt, dass mir die Netzwerke hier gefehlt haben. Beziehungen sind einfach in jedem Land wichtig.“ Sie bewarb sich daher als Mentee für das Mentoringprogramm, das der ÖIF gemeinsam mit AMS und Wirtschaftskammer anbietet (siehe unten). In Gesprächen mit ihrem Mentor ging es nicht nur um Arbeitsmarktfragen, sondern darum, wie das Leben hier funktioniert: „Warum braucht man für alles Termine? Wie funktioniert die Sozialversicherung? Ich hatte so viele dumme Fragen“, sagt Lyalka und lacht.
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Gerald Deuring vom Integrationsfonds (ÖIF) beim Gespräch mit dem KURIER.
Das Mentoring-Programm von Integrationsfonds (ÖIF), AMS und Wirtschaftskammer wird seit 2008 jährlich angeboten. „Hier treffen gut ausgebildete Migranten mit erfahrenen Arbeitskräften aus der Wirtschaft aufeinander“, erklärt Gerald Deuring vom ÖIF.
Zwar gebe es keine Jobgarantie: „Aber im Vorjahr haben 45 Prozent der Teilnehmer im Zuge des Mentorings einen Job gefunden.“
Die Bewerbungsphase für den nächsten Durchgang läuft übrigens gerade. Voraussetzungen sind ein Lehrabschluss, eine Matura oder eine höhere Ausbildung sowie der Zugang zum Arbeitsmarkt.
Wer aufgenommen wird, bekommt für sechs Monate einen Mentor zur Seite gestellt, mit dem es regelmäßige Treffen gibt.
Nähere Infos gibt es unter mentoring@integrationsfonds.at oder unter integrationsfonds.at/weiterbildung

Der Kontakt mit Österreichern half ihr jedenfalls: Mittlerweile arbeitet sie für den ÖIF und interviewt Bewerber, die auch am Mentoringprogramm teilnehmen möchten.
Und ihr Leben in Kiew?
Natürlich habe sie noch Kontakt zu Freunden und Kollegen, auch zu Klitschko. „Bei ihm ist alles okay, er ist ein starker Mann“, sagt sie und lacht. Mittlerweile ist aber Wien ihr Zuhause: „Hier habe ich meine Familie, meine Arbeit, meinen Sport und meine geliebte Albertina.“
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