Ukrainer in Wien demonstrierten: Tränen, Liebeslieder und Kampfansagen
„Stoppt Putin“ und „Putin fahr zur Hölle“ steht auf den Schildern der rund 200 Demonstranten. Sie haben sich am Donnerstagvormittag auf dem Wiener Minoritenplatz versammelt.
Gekommen sind vor allem in Österreich lebende Ukrainer. Viele gehüllt in gelb-blauen Farben, Solidarität beweisen einige Flaggen aus Litauen, Georgien und Belarus. „Wir halten zusammen“, sagt eine Demonstrantin.
Organisiert hat die Kundgebung vor dem Außenministerium der 29-jährige Fußballer Andriy Karioti über soziale Netzwerke. „Heute um drei Uhr hat der Krieg begonnen“, sagt er. Und fordert härteste Sanktionen gegen Russland: „Österreich muss Position beziehen, Schluss mit der Neutralität.“ Das Vermögen der Oligarchen solle eingefroren werden, der Swift-Ausschluss müsse folgen.
Wie es weitergeht? Keiner weiß es. Arina Kravchenko und Dmitry Sereda sind verzweifelt: „Wir demonstrieren schon seit zehn Jahren gegen Putin“, sagt das russische
Paar. Eine Philosophie-Studentin hält ein abgeändertes Zitat von Winston Churchill in die Höhe: „Jeder füttert das Krokodil in der Hoffnung, dass es ihn zuletzt frisst“. „Es ist Zeit, dass auch Österreich aufhört, das Krokodil Russland zu füttern“, sagt sie. Auch die fünfjährige Tochter von Lidmyla Kryzhanovska hat ein Schild dabei: „Stoppt den Krieg, die Ukraine ist meine Heimat“.
Klares Statement
„Das ist kein Angriff auf die Ukraine, sondern auf die Rechtsstaatlichkeit“, sagt der in Wien lebende Künstler Anatoliy Babiychuk. „Wir hätten unsere Familie früher zu uns holen sollen“, sagt eine Juristin. Der heutige Tag werde die Weltordnung verändern.
Vitaliy lebt seit 20 Jahren in Österreich, arbeitet in der IT-Branche und hat von seiner „verständnisvollen Chefin“ freibekommen, um am Nachmittag an einer weiteren Kundgebung auf dem Maria-Theresien-Platz teilzunehmen. „Ich kann nicht einfach in die Ukraine fahren und hier meine vier Kinder zurücklassen.“ Geld hat er überwiesen, für medizinische Einrichtungen.
Fast 14.000 Ukrainer leben derzeit in Österreich. In einigen Gesprächen wird deutlich, dass sich der Unmut nicht gegen das russische Volk, sondern gegen Staatschef Wladimir Putin richtet. „Mein Vater ist Russe“, sagt Vitaliy, „er kann wie viele andere diese Aggression nicht verstehen.“
Manchmal kommt es doch zu Irritationen. Eine ältere Frau erzählt, sie sei jahrelang in einem russischen Kulturklub gewesen, doch dort sei man Opfer der russischen Propaganda geworden. Den Tränen nahe, fügt sie hinzu: „Ich habe große Angst. Mein Neffe, der an der Grenze zu Belarus lebt, hat seine weißen Tauben frei gelassen und gesagt, er wolle jetzt kämpfen gehen.“
Am Abend demonstrierten die Ukrainer auch vor der russischen Botschaft im 3. Bezirk.
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