Ex-Kanzler Kern beendet Tätigkeit für Russen, Schüssel nicht

Christian Kern
Das Unternehmen sei nun Teil der russischen Kriegslogistik, deshalb sei der Schritt alternativlos, so Kern.

Ex-SPÖ-Kanzler Christian Kern hat seinen Posten als Aufsichtsrat bei der russischen Staatsbahn RZD zurückgelegt, berichtete der Standard. Hatte Kern seine Arbeit für RZD zuvor noch damit gerechtfertigt, dass es sich um keine politische Tätigkeit handle, zog er nach den flächendeckenden Angriffen Russlands auf die Ukraine am Donnerstagmorgen nun doch Konsequenzen.

"Ich habe heute in den Morgenstunden die Organe der Joint Stock Company Russian Railways RDZ darüber informiert, dass ich mein Mandat im Direktorium mit sofortiger Wirkung zurücklege", sagte Kern demnach dem Standard. Denn: RZD sei nun tatsächlich Teil der russischen Kriegslogistik geworden. "Ich bedaure das zutiefst", so Kern. Aufgrund der Ereignisse sei dieser Schritt alternativlos: "Meine Gedanken sind bei den Opfern dieser sinnlosen Aggression."

Schüssel bleibt wohl bei Ölriesen

Seit einigen Jahren ist Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel im Board of Directors des russischen Mineralölkonzerns Lukoil vertreten. Noch am Dienstag meinte seine Sprecherin Heidi Glück gegenüber der ZiB2, dass Schüssel keine Notwendigkeit sehe, sein Mandat aufzugeben. Das Unternehmen sei an der Londoner Börse notiert und außerdem keine Staatsfirma.

Laut Standard bleibt Schüssel bei seinem Statement und zieht auch keine beruflichen Konsequenzen.

Kneissl: Im Dienste der Propaganda

Weiterhin im Dienste der russischen Propaganda dürfte Ex-Außenministerin Karin Kneissl bleiben. Sie sorgte schon durch die Einladung Putins zu ihrer Hochzeit im Jahre 2018 in der Steiermark und dem Knicks vor dem russischen Präsidenten nach einem gemeinsamen Tanz für öffentliches Aufsehen.

Vor einem Jahr erhielt Kneissl schließlich einen Aufsichtsratsposten im staatlichen russischen Ölkonzern Rosneft. Mittlerweile ist sie auch öfters für den staatsnahen russischen Sender RT tätig. So bezeichnete sie dort etwa die Anerkennung der ukrainischen Separatistengebiete durch Moskau als "ganz normalen völkerrechtlichen Vorgang".

Renzi und Aho zogen Konsequenzen

Auch international ziehen offenbar die ersten Ex-Spitzenpolitiker mit Verbindung zu russischen Unternehmen ihre Konsequenzen. So trat Italiens Ex-Premier Matteo Renzi nach dem russischen Angriff auf die Ukraine aus dem Board der russischen Carsharing-Gruppe Delimobil aus. Der ehemalige finnische Premier Esko Aho verließ den Aufsichtsrat der größten russischen Bank, der Sberbank. Aho war Mitglied des Supervisor-Boards des Geldhauses.

Der deutsche Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) plädiert hingegen dafür, "die verbliebenen politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Verbindungen, die zwischen Europa und Russland bestehen, nicht gänzlich zu kappen". "Denn diese sind - trotz der gegenwärtig dramatischen Lage - die Basis für eine Hoffnung, die wir alle haben: dass ein Dialog über Frieden und Sicherheit auf unserem Kontinent wieder möglich ist", schrieb Schröder am Donnerstag auf der Internetplattform LinkedIn.

Steyr-Eigentümer und Investor Siegfried Wolf wollte sich heute Donnerstag auf APA-Anfrage nicht zum Krieg in der Ukraine und zur Lage in Russland äußern. Wolf ist an dem russischen Autobauer GAZ beteiligt.

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