Die Stadtbahn, gebaut unter Federführung von Architekt und Stadtplaner Otto Wagner, gehört wie die Ringstraße oder die Gemeindebauten des Roten Wien zu den städtebaulichen Meilensteinen der Stadt.
Die Stadtbahn sei ein "glaubwürdiges technisches Bauwerk", schrieb der Architekt und Architekturtheoretiker Hermann Czech. "Weil sie über den technischen Erfordernissen steht und sie mit Ruhe und Selbstbewusstsein bewältigt."
- Das zwischen 1892 und 1901 realisierte Stadtbahnnetz war insgesamt 38 Kilometer lang.
- Es wurden 42 Viadukte, 78 Brücken und 34 Haltestellen errichtet.
Die drei Linien der alten Stadtbahn sind im Großen und Ganzen heute noch in Betrieb:
- Die Vorortelinie zwischen Heiligenstadt und Hütteldorf war jahrzehntelang stillgelegt und ist heute die Schnellbahnlinie S45.
- Die Gürtel-Linie (G) zwischen Meidling Hauptstraße und Heiligenstadt ist in der U6 aufgegangen.
- Die Wiental-Donaukanal-Linie (WD) zwischen Hütteldorf und Heiligenstadt entspricht der heutigen U4. Nur die Stationen Spittelau und Längenfeldgasse gab es damals noch nicht, und die Station Landstraße hieß Hauptzollamt.
- Die Gürtel-Donaukanal-Linie (GD, DG) verband die beiden Linien, sie wurde 1978 mit Eröffnung der U4 eingestellt. Die alte Trasse dient zwischen Friedensbrücke und Spittelau heute als Fuß- und Radweg.
Ursprünglich war die Stadtbahn eine Art Eisenbahn mit Dampflokomotiven, sie wurde von den k. k. Staatsbahnen bzw. den ÖBB betrieben. Die Stadt hat sie erst 1925 – zunächst auf Pachtbasis – übernommen und elektrifiziert ("Wiener Elektrische Stadtbahn").
Die damals eingeführten, sehr viereckigen roten Waggons waren – mit diversen technischen – Adaptionen jahrzehntelang im Einsatz. Auf der Gürtellinie konnte man in den archaischen, dunkelroten Garnituren noch in den frühen 80er-Jahren das raue, schmutzige Flair der Nachkriegszeit erschnuppern.
Hang zum Schleifen
Typisch für die Wiederaufbaujahre war auch der Hang zum Schleifen von wertvoller Bausubstanz, dem auch zahlreiche Stationsgebäude Otto Wagners zum Opfer fielen, darunter die Stationen Schottenring, Schwedenplatz, Meidling Hauptstraße und Hietzing.
Dass die Stationen der Gürtellinie fast alle im Originalzustand erhalten sind, hat vor allem finanzielle Ursachen. Es wäre viel zu aufwendig gewesen, die Hochbahnhöfe für den modernen U-Bahn-Betrieb zu adaptieren; auch das futuristische Projekt einer "Monorail"-Bahn wurde nicht weiterverfolgt.
Die 1989 in Betrieb genommene U6 wird deshalb als einzige U-Bahn-Linie nach wie vor mit Zügen betrieben, die wie Straßenbahnen aussehen und auch so funktionieren. Sie beziehen den Strom aus einer Oberleitung und sind 30 Zentimeter schmäler als die "Silberpfeile".
Originale Otto-Wagner-Stationen, rote Züge: Auf der Gürtelstrecke der U6 kommt man dem alten Stadtbahn-Feeling heute noch nahe.
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