TU-Forscher zu Linker Wienzeile: "Das ist kein Stau"

TU-Forscher zu Linker Wienzeile: "Das ist kein Stau"
Autofahrer klagen über Verzögerungen wegen der Bauarbeiten. Um einen echten Stau handelt es sich laut TU Wien aber nicht.

Seit eineinhalb Wochen ist die Linke Wienzeile ein Nadelöhr: Eine halbe Stunde stehe sie schon da, berichtet eine Frau beim KURIER-Lokalaugenschein. Der Mann im Auto hinter ihr spricht von „zehn, zwölf Minuten“, in denen er nur langsam vorankomme.

Ab dem Getreidemarkt müssen Autolenker mit einer statt zwei Fahrspuren auskommen: Zwischen Nibelungengasse und Köstlergasse wird die letzte Lücke im Wiental-Radweg geschlossen und die Fahrbahn saniert. Die Polizei zog zuletzt eine positive Bilanz über die ersten Baustellen-Tage, laut ÖAMTC gab es „messbare Verzögerungen“.

Aber wie schlimm ist der Stau tatsächlich? Dieser Frage geht nun die Technische Universität Wien ( TU) mithilfe von Echtzeit-Daten nach. „Es gibt teilweise Stau“, fasst Verkehrsplaner Ulrich Leth die bisherigen Messungen zusammen.

Laut den Daten der ersten sieben Baustelltage nahmen die Fahrzeiten auf der Wienzeile mittags und nachmittags zu. (Vergleichswerte zu vor dem Baustellenstart gibt es nicht, weil das Verkehrsaufkommen im Sommer deutlich geringer ist, Anm.). Autofahrer brauchten zu diesen Zeiten bis zu fünf Minuten, um den rund 1,5 Kilometer langen Abschnitt zu passieren.

Auf den Zubringern zur Wienzeile stiegen die Fahrzeiten vor allem am Nachmittag an. Am Ring waren Autofahrer bis zu 16 Minuten unterwegs. Die Zufahrt über die Zweierlinie dauerte am Mittwoch- und Donnerstagabend mit rund zehn Minuten am längsten. Das ist auch die maximale Fahrzeit auf der Route über die Lothringerstraße.

TU-Forscher zu Linker Wienzeile: "Das ist kein Stau"

Die TU nimmt auch vier Ausweichrouten unter die Lupe. Autolenker, die über die Prinz-Eugen-Straße fuhren, mussten am Mittwochnachmittag die meiste Geduld aufbringen: Sie waren 17 Minuten unterwegs. Auf den Alternativ-Strecken Lerchenfelder Straße, Operngasse bzw. Margaretenstraße und Neustiftgasse betrugen die längsten Fahrzeiten zwischen acht und elf Minuten.

Definitionsfrage

Handelt es sich bei diesen Fahrzeiten nun um Stau? Das hängt von der Definition ab, sagt Verkehrsplaner Leth. Eine gängige Variante sei, Fahrgeschwindigkeiten unter 10 km/h als Stau zu werten.

Baustelle auf der Wienzeile: Verkehrschaos bleibt großteils aus

„Zieht man das als Grenze heran, zeigen unsere Messungen, dass das auf der Wienzeile selbst kein Stau ist. Wenn überhaupt, sehen wir ihn auf den Zulaufstrecken. Und dort zeitlich sehr begrenzt, meist in der Abendspitze, wo es ohne Baustelle auch staut.“

Vergleichsmessungen im Jänner

Ob der Radweg-Bau längere Verzögerungen als üblich nach sich zieht, lässt sich laut Leth erst dann sagen, wenn wieder zwei Fahrspuren zur Verfügung stehen. Dann wird die TU Vergleichsmessungen durchführen.

„Wir müssen warten, bis sich wieder ein Gleichgewicht eingestellt hat. Das wird voraussichtlich im Jänner 2020 sein“, sagt Leth. Dann können die Auswirkungen der Baustelle abschließend beurteilt werden.

Stau-Zenit Mitte Oktober?

Der ÖAMTC geht jedenfalls davon aus, dass der Stau-Zenit noch nicht erreicht ist. Denn: „Der vorweihnachtliche Einkaufsverkehr steht bevor“, heißt es. Man rechne ab Mitte Oktober mit stärkeren Verzögerungen.

Markus Raab, Leiter der MA46 (Verkehrsorganisation), teilt diese Einschätzung nicht. Denn: „Die zweite Fahrspur wird mit Fortschreiten der Baustelle schrittweise freigegeben.“ Konkret heißt das: Mitte Oktober sind bis zum Theater an der Wien zwei Spuren befahrbar, einen Monat später bis zur Girardigasse.

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