Tote 16-Jährige in Wien: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Missbrauchs
Drei junge Mädchen wurden in den vergangenen sechs Monaten in den Wohnungen von Männern gefunden.
Für die Jugendlichen im Alter von 14 und 16 Jahren kam jede Hilfe zu spät, sie dürften alle an einer Überdosis gestorben sein.
In einem Fall erhob die Staatsanwaltschaft nun Anklage wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen Person. Konkret geht es um ein 16-jähriges Mädchen, das am 10. Dezember in einer Wohnung in Rudolfsheim-Fünfhaus gefunden wurde.
Mann festgenommen
Ein 54-Jähriger alarmierte damals die Polizei, weil die Jugendliche bewusstlos geworden war. Der 54-jährige Rumäne dürfte das Mädchen am Vortag kennengelernt und in die Wohnung einer Verwandten mitgenommen haben. Dort soll der Mann mit der 16-Jährigen Drogen konsumiert haben.
Als die Beamten an jenem Tag im Dezember die Wohnung betraten, war das Mädchen bereits tot, der 54-Jährige wurde „aufgrund der Auffindesituation“ vorläufig festgenommen, wie es damals von der Polizei hieß. Eine Obduktion ergab, dass keine Anzeichen eines Fremdverschuldens festzustellen waren.
Der Rumäne gab in einer ersten Befragung an, er habe mit der 16-Jährigen Kokain konsumiert und einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehabt.
Die Staatsanwaltschaft hat nun Anklage wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs eingebracht. "In den anderen beiden Fällen wird nicht gegen die Männer ermittelt", sagte Nina, Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, auf KURIER-Anfrage. Der Prozess findet am 27. Juni im Wiener Landesgericht statt.
Toxikologische Gutachten stehen aus
Der zweite Fall ereignete sich Ende Jänner: Eine 16-Jährige wurde tot in der Wohnung eines 44-jährigen Wieners in Hernals gefunden. Die Jugendliche hatte den Mann am 29. Jänner bei der U-Bahn-Station Gumpendorfer Straße kennengelernt. Der dritte Fall passierte Anfang März in einem Gemeindebau in Simmering. Ein 26-jähriger Afghane hatte die Einsatzkräfte alarmiert, nachdem eine 14-Jährige, die sich in seiner Wohnung aufhielt, nicht mehr aufgewacht war. In beiden Fällen stehen die toxikologischen Gutachten noch aus.
Die Stadt Wien richtete daraufhin eine eigene Taskforce ein. Mehrere Arbeitsgruppen, die etwa von Experten der Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) sowie der Kinder- und Jugendpsychiatrie besetzt werden, sollen die Hintergründe der Todesfälle ermitteln und neue Lösungsansätze erarbeiten.
Erste Ergebnisse
„Eine erste Maßnahme ist die Post-Mortem-Analyse. Da schauen wir uns genau an: Wie war das Umfeld der Person, welche Substanzen hat sie genommen?“, sagt Ewald Lochner, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien. Nachschärfen müsse man etwa noch an den Nahtstellen zwischen MA 11 und der Kinderpsychiatrie. Neu ist auch, dass umgehend Sozialarbeiter alarmiert werden, wenn Jugendliche mit einer Intoxikation ins Spital eingeliefert werden.
„Wir bekommen die Obduktionen und toxikologischen Gutachten grundsätzlich aber mit einer viel zu großen zeitlichen Verzögerung. Wir arbeiten gerade daran, dass das geändert wird, aber da sind wir vom Bund abhängig“, betont Lochner.
Kommentare