Vereitelter Swift-Anschlag in Wien: Der IS-Terror und seine Folgen

Beran A. plante einen Anschlag auf einem der Konzerte von Taylor Swift in Wien
7. August 2024, 7.25 Uhr Früh. Schwer bewaffnete Cobra-Beamte stürmen ein Reihenhaus am Forstnerweg in Ternitz im Bezirk Neunkirchen. Der 19-jährige Beran A. liegt zu der Zeit nichts ahnend im Bett seines Kinderzimmers. Neben Macheten, Messern und anderen Waffen stießen Sprengstoffspezialisten im Kühlschrank des Hauses auf Triacetontriperoxid (TATP) – ein explosives Gemisch zur Herstellung von Sprengstoff.
Blutbad im Ernst-Happel-Stadion verhindert
Ein Jahr später steht für die Staatsanwaltschaft Wien und die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) fest: Mit der Festnahme des Terrorverdächtigen wurde ein Blutbad im Ernst-Happel-Stadion verhindert. Wie die Ermittlungen gezeigt haben, waren die Anschlagspläne von Beran A. weit fortgeschritten, ein Konzert des US-Stars Taylor Swift für ein Massaker zu nutzen.

Spurensicherung am Wohnort des Verdächtigen in Ternitz
In der Gefängniszelle
Ein Jahr nach der Festnahme wartet der heute 20-Jährige in seiner Zelle der Justizanstalt Wien-Josefstadt immer noch auf seinen Prozess. Wieso es so lange dauert, weiß Berans Rechtsanwältin Ina-Christin Stiglitz. Der Akt ist auf mehrere Tausend Seiten angewachsen. Es galt, die Daten, Chats, Videos und Fotos von mehr als 30 sichergestellten Handys, Festplatten und Computer auszuwerten.
Wie sich gezeigt hat, war Beran A. mit dem „Who is Who“ der radikalislamischen Terror- und Gefährder-Szene im deutschsprachigen Raum online eng vernetzt.
Mit der Anklage rechnet Stiglitz im kommenden Herbst. Ihren Mandanten sieht sie "geläutert“. Er beteuert mittlerweile, eine "riesige Dummheit“ begangen zu haben. Die Familie steht nach wie vor zu ihm. "Sie besuchen ihn regelmäßig in der Haft“, so Stiglitz.
Anschläge in aller Welt
Wie man heute weiß, hatte Beran A. noch vor den Taylor-Swift-Plänen bereits „Großes vor“, wie er auf einem sichergestellten Videomitschnitt schwadroniert. Schon im März 2024 wollte er zusammen mit zwei gleichgesinnten IS-Fanatikern – Hasan E. und Arda K. – zeitgleich Terroranschläge in Mekka, Dubai und Istanbul verüben. Alle drei setzten sich in Schwechat ins Flugzeug.
Während Beran A. in Dubai und Arda K. in Istanbul kalte Füße bekamen und ohne ein Blutbad anzurichten wieder nach Hause flogen, machte der zuvor in Ebergassing (Bezirk Bruck/Leitha) lebende Hasan E. in Mekka tatsächlich ernst. Er attackierte fünf Menschen mit einem Messer und verletzte sie schwer. Seither fristet er sein Dasein in Saudi Arabien in einer Zelle, wo ihm die Todesstrafe droht.
Salam alaikum
Der Staatsschutz fand bei Beran A. einen USB-Stick mit spannendem Inhalt. Bevor der Terrorverdächtige nach Dubai flog, hinterließ er seiner Familie eine Videobotschaft. "Salam alaikum, meine liebe Familie“, beginnt er seine Ansprache.
Er habe "diese Sache“ schon lange geplant. Die zeitgleichen Anschläge sollten ein weltweites Ausrufezeichen werden, so sein Plan: "Ihr werdet sehen, was für Nachrichten wir verbreitet haben, was wir verbreiten werden. Ihr werdet sehen, was für eine Wirkung das haben wird, was wir zu dritt gemacht haben.“

Taylor Swift sagte nach der Festnahme der Verdächtigen ihre Wien-Konzerte 2024 ab.
Tipp aus dem Ausland
Als daraus nichts wurde, nahm Beran A. das Taylor-Swift-Spektakel ins Visier. Und zum Glück lasen ausländische Geheimdienste mit, als er sich über Messenger-Dienste mit Gleichgesinnten der radikalislamischen Szene austauschte und über seine Anschlagspläne schwafelte.
Der Fall zeigte deutliche Ermittlungsdefizite des heimischen Staatsschutzes auf. Denn bis dato war es in Österreich Tabu, Messenger-Chats von Tatverdächtigen zu überwachen und mitzulesen. Der vereitelte Anschlag führte letzten Endes zu einer Gesetzesänderung.
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sprach von einem "Meilenstein in der Terrorabwehr“, als ÖVP, SPÖ und Neos im Juli im Parlament die Novelle zur Messenger-Überwachung auf den Weg brachten.
Bis zur Überwachung dauert es noch
Damit ist es der DSN künftig erlaubt, sowohl unverschlüsselte als auch verschlüsselte Nachrichten von Gefährdern zu überwachen. Zur Anwendung kommt dies aber noch lange nicht. Das Gesetz tritt schrittweise in Kraft. Die Handys von Gefährdern können frühestens ab 1. Jänner 2027 ausgelesen werden. Zunächst läuft die Ausschreibung für die Anschaffung der technischen Hilfsmittel und Programme zur Messenger-Überwachung.
Und was ist mit den Komplizen? Luca K. (18), bekannt geworden als Bühnenbauer beim Swift-Konzert und enger Vertrauter von Beran A., wurde vor wenigen Tagen am Landesgericht Wiener Neustadt (nicht rechtskräftig) zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt.
Jener 17-Jährige, der mit Luca K. zusammen auf einem Video den IS-Treueschwur ablegte, wurde ebenfalls verurteilt. In Deutschland läuft ein Prozess gegen einen 15-jährigen IS-Anhänger, der Beran A. im Sommer 2024 Bombenbauanleitungen aus dem Arabischen übersetzt haben soll.
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