Szene-Gastronom Schlacher: „1-G in der Gastro wäre sehr sinnvoll“
Feine Stoffe zieren die Wände, das Badezimmer ist von einer frei stehenden Badewanne dominiert, die Deko-Elemente (alle in gedeckten Farben, viel Rosa) sind handverlesen.
So auch der extravagante Polster mit den Quasten, den Bernd Schlacher zurechtrückt. „Der ist gerade erst angekommen.“
Der Gastronom steht in einem der 91 Zimmer seines Hotel Motto in der Mariahilfer Straße 71a. Dort trifft Wien auf das Paris der 1920er-Jahre. Am 2. Oktober wird eröffnet.
In der dazugehörigen Restaurant-Bar „Chez Bernard“ ist man schon weiter: Diese Woche begann der Probebetrieb.
KURIER: Wenn man als Wiener in der eigenen Stadt ein Hotel aufsucht, dann meist nur, um mit seiner Affäre abzusteigen oder an der Bar zu trinken. Wird Ihr Hotel für die Wiener auch so ein Ort?
Bernd Schlacher: Hoffentlich! Wenn wir Zimmer frei haben, wird es einen Late-Check-in ab 21 Uhr geben. Für Gäste, die an der Bar etwas mehr getrunken haben. Oder die sich erst kennengelernt haben und die Nacht gemeinsam verbringen.
Sie positionieren Hotel und Lokal als einen Ort, an dem man sicht trifft und feiert.
Die Wiener sollen zu mir ins Haus kommen. In den 80ern ist man viel in Hotelbars gegangen, daran möchte ich anschließen. Wir leben in schwierigen Zeiten. Ich will Freude und Spaß vermitteln.
Dürstet es die Menschen wieder nach Zerstreuung?
Ja. Die Gastro-Öffnung im Frühling hat gezeigt, dass die Wiener wahnsinnig gerne ausgehen. In den 1920er-Jahren, denen mein Hotel gewidmet ist, begannen die Menschen, nach Weltkrieg und Weltwirtschaftskrise auch wieder zu feiern. Heute spürt man einen ähnlichen Aufbruch.
Das Hotel ist sehr detailverliebt eingerichtet.
Da sind Tausende Stunden hineingeflossen. Alles wurde eigens entworfen, nichts ist von der Stange. Im Ritz in Frankreich haben wir Interieur ersteigert. Jetzt müssen wir schauen, dass wieder Geld reinkommt. (lacht)
Vom edlen Bademantel bis zum Duschgel ist alles mit Ihrem Logo versehen. Verlockend für Gäste, unabsichtlich etwas einzustecken ...
Wenn das jeder macht, können wir nicht überleben. Es wird dezent darauf hingewiesen, dass man alles an der Rezeption erwerben kann.
Gibt es internationale Vorbilder für das Hotel Motto?
Das Paramount in New York mit seiner Whiskey-Bar. Ich habe mir gedacht: Wenn ich ein Hotel mache, dann so.
Wodurch zeichnet sich eine gute Bar aus?
Durch einen Barmann, zu dem man sich auch alleine setzen kann. Jemand, der etwas im Kopf hat, mit dem man auch über Politik reden kann. Und der natürlich wirklich gute Cocktails zaubern kann.
Man hört, dass es durch Corona noch schwieriger wurde, an Personal zu kommen.
Wir spüren das stark. Es hat schon vorher wenig gutes Personal gegeben. Jetzt ließen sich viele umschulen oder haben neue Jobs gesucht – aus Angst vor neuen Lockdowns.
Für die Politik ist eine 1-G-Regel in der Gastro vorstellbar. Für Sie auch?
1-G wäre sehr sinnvoll, auch wenn das viele nicht gerne hören. Dass sich Wirte beschweren, dass sie die Kontrollen übernehmen müssen, verstehe ich nicht. Lieber kontrollieren als wieder zusperren.
Wie läuft das Soft-Opening des „Chez Bernard“?
Am Anfang bewirten wir nur wenige Gäste mit Reservierung. Wir müssen uns einspielen, da dürfen auch mal Fehler passieren. Und wenn es ganz schlimm ist, gibt es ein Glas Champagner aufs Haus.
Welches Gericht empfiehlt der Chef?
Hirsch-Bourguignon, Coq au Vin, Meeresfrüchte.
Wann rechnen Sie im Hotel mit voller Auslastung?
Wir haben im Oktober eine Auslastung von 10,2 Prozent, obwohl wir international erst mit der Werbung beginnen. Weihnachten wird gut, wenn Delta nicht verrückt spielt. Das Virus gibt den Takt vor.
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