Richterin: "U-Haft für junge Leute nicht sehr nett"

APAHEF08 - 14022007 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA-TEXT WI - FEATURE - Der Eingangsbereich des Landesgerichts fuer Strafsachen der Justizanstalt Wien-Josefstadt aufgenommen am Mittwoch, 14. Februar 2007, in Wien. HELMUT FOHRINGER
Zynische Anspielung auf die jüngsten Vorfälle im Jugendgefängnis bei Stalking-Prozess.

Eine zynische Bemerkung in Bezug auf die jüngsten Vorfälle im Jugendgefängnis - ein 14-Jähriger wurde mit einem Besenstiel vergewaltigt - lieferte Richterin Daniela Zwangsleitner am Montag im Wiener Landesgericht. Beim Prozess ging es um Stalking unter Jugendlichen. Weil er seine Freundin nach der Trennung bis zu 86-mal an einem Tag angerufen hat, musste sich ein 19-Jähriger am Wiener Straflandesgericht verantworten. Der Prozess endete mit einer Verurteilung von sechs Monaten bedingt, weil er die Frau - mittlerweile Mutter des gemeinsamen Kindes - im Alkoholrausch geschlagen und getreten hatte. Wegen Stalkings wurde er nicht verurteilt, weil sich die 23-Jährige der Aussage entschlug. "Das nächste Mal gehen sie in U-Haft", drohte die Vorsitzende zum Schluss, "und sie haben sicher in der Zeitung gelesen, dass es da für junge Leute nicht sehr nett ist."

"Sie brauchen ein Geständnis wie einen Bissen Brot", appellierte Richterin Daniela Zwangsleitner davor an die Redefreudigkeit des 19-Jährigen. Doch der blieb kleinlaut, bestritt seine Ausraster, weil er sich aufgrund schwerer Alkoholisierung nicht mehr daran erinnern habe können, und gab an, zu solchen Gewalttaten gar nicht fähig zu sein.

Richterin Zwangsleitner verkündete nach etwa einer dreiviertel Stunde das Urteil: Sechs Monate bedingt auf drei Jahre wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung, dazu verordnete sie eine Anti-Gewalt-Therapie und stellte dem 19-Jährigen einen Bewährungshelfer zur Seite. "Ich trinke schon seit einem halben Jahr nichts mehr, ich hab jetzt ein Kind, da sieht man die Welt mit anderen Augen", gelobte dieser Besserung.

Zunehmende Gewalt im Jugendhäf'n

Die vor Kurzem bekannt gewordene Vergewaltigung eines 14-jährigen Buben in der Justizanstalt Wien-Josefstadt ist leider kein Einzelfall. Solche Gewalt-Exzesse im Gefängnis sind laut Experten an der Tagesordnung. Schon 2010 warnten die Wiener Jugendrichter Beate Matschnig und Norbert Gerstberger offenbar ungehört vor der zunehmenden Gewalt in den überbelegten Zellen, in denen vier und mehr Jugendliche oft bis zu 22 Stunden durchgehend sich selbst überlassen bleiben. Es häuften sich Prozesse gegen junge Straftäter, die 14-, 15-jährige Zellengenossen – ganz genau wie jetzt – mit Besenstielen malträtiert und sie gezwungen hatten, Urin zu trinken. Auch damals schon beklagten die Richter, dass Sozialpädagogen für die jungen Häftlinge fehlten, die seit der Schließung des Jugendgerichtshofes (im Jahr 2003) im Erwachsenen-Untersuchungsgefängnis untergebracht sind. Der KURIER berichtete darüber ausführlich.

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