14-jähriger Bub mit Besenstiel vergewaltigt

14-jähriger Bub mit Besenstiel vergewaltigt
Falter: Jugendrichterin Beate Matschnig berichtet über grobe Missstände im Jugendstrafvollzug und spricht von "Folter".

Immer wieder wird von erschreckenden Missständen in der Jugendabteilung der Justizanstalt Josefstadt berichtet. Erst im Jänner dieses Jahres wurde ein 20-Jähriger nicht rechtskräftig zu 16 Monaten unbedingter Haft verurteilt, weil er einen gleichaltrigen, körperlich deutlich unterlegenen Mithäftling über Wochen hinweg misshandelt haben soll. Erzwungener Oralsex, das Schrubben des WCs mit der Klobürste, aber auch Schläge standen an der Tagesordnung. Der Falter berichtet in seiner am Mittwoch erscheinenden aktuellen Ausgabe über einen weiteren tragischen Fall eines 14-Jährigen, der vor einigen Wochen von seinen Mithäftlingen mit einem Besentiel vergewaltigt und dadurch schwer verletzt wurde.

14-jähriger Bub mit Besenstiel vergewaltigt
APA2863900 - 15092010 - WIEN - ÖSTERREICH: Ein Mädchen, das am 13. April 2010 in Wien-Margareten mit einem Küchenmesser die eigene Mutter erstochen hat, muss sich am Mittwoch, 15. September 2010, vor einem Wiener Schwurgericht verantworten. Im Bild: Die Jugendrichterin Beate Matschnig APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
Die Wiener Jugendrichterin Beate Matschnig berichtet, dass der 14-jähriger Insasse von seinen drei älteren Zellengenossen auch dazu gezwungen wurde, Essen vom Boden aufzuschlecken. Christian Timm, stellvertretender Leiter der Vollzugsdirektion, bestätigte am Dienstagabend den Bericht. Die Justizanstalt habe den Vorfall am darauf folgenden Tag bei der Staatsanwaltschaft angezeigt und die mutmaßlichen Täter verlegt. Das Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigten sei noch nicht abgeschlossen, sagte Timm. Der 14-Jährige, der sich mittlerweile wieder auf freiem Fuß befindet, wird nachbetreut und befindet sich in psychotherapeutischer Behandlung.

65 Stunden eingesperrt

Matschnig beklagt auch, dass Jugendliche aufgrund von Personalnot am Freitag bereits ab 15 Uhr zum Nachtdienst eingesperrt werden und in den Zellen „ein unglaublicher Druck entsteht." So komme es zu „Demütigungsritualen an den Schwächsten“. Die Zellen seien bis Montag acht Uhr früh - also 65 Stunden - ohne Betreuung geschlossen. Auch unter der Woche beginne der Nachtdienst manchmal bereits um 15 Uhr. Matschnig bringt es auf den Punkt: „Das ist Folter“. Würden Eltern ihre Kinder so wegsperren, würde die Justiz aktiv werden.

Diese Darstellung Matschnigs wies Timm scharf zurück. An den Wochenenden blieben die Zellen bis 19.00 Uhr und ab 7.00 in der Früh geöffnet. Es gebe auch in diesen Zeiten eine Betreuung, „wenn wir uns natürlich mehr Ressourcen wünschen würden“, wie Timm bemerkte.

Richter: "Kommt häufig vor"

14-jähriger Bub mit Besenstiel vergewaltigt
APA2051879-2 - 17032010 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA 354 CI - Im Wiener Straflandesgericht hat am Mittwoch, 17. März 2010, der Prozess gegen den 38-jährigen Mann begonnen, der eineinhalb Jahre mit seiner minderjährigen Nichte untergetaucht war und mit der 13-Jährigen seiner Darstellung zufolge eine Art "Liebesbeziehung" geführt haben soll. Die Anklage legt ihm unter anderem schweren sexuellen Missbrauch, Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses, Kindesentziehung und pornografische Darstellung einer Minderjährigen zur Last. Im Bild: Der Vorsitzende des Schöffensenats Norbert Gerstberger vor Prozessbeginn. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
„Im Unterschied zu früher kommt es im Jugendgefängnis häufiger zu sexuellen Übergriffen. Jeder in unserer Abteilung bekommt einmal im Jahr so einen Fall“, hält Norbert Gerstberger, Jugendrichter am Wiener Straflandesgericht und Obmann der Fachgruppe Jugendrichter in der Richtervereinigung, zur grundsätzlichen Problematik fest. Für Gerstberger hängt das mit der Auflassung des Jugendgerichtshofs zusammen, der unter dem damaligen Justizminister Dieter Böhmdorfer ins Wiener Straflandesgericht integriert wurde, wie er im Gespräch mit der APA erklärte: „Die räumlichen Verhältnisse sind hier beengter, Vorgänge in den Hafträumen schwerer kontrollierbar.“

Vollzugsdirektion: "Haben reagiert"

Die Vollzugsdirektion weist das zurück. Die Infrastruktur für Jugendliche sei in der Justizanstalt Wien-Josefstadt deutlich besser und zeitgemäßer als seinerzeit im Jugendgerichtshof. Misshandlungen und Übergriffe stünden „nicht auf der Tagesordnung“, versicherte Timm. Der letzte gravierende Zwischenfall sei vor eineinhalb Jahren passiert: „Wir haben nach diesem Vorfall eine vierseitige Richtlinie erarbeitet, um Mindeststandards im Betrieb garantieren zu können. Wir bemühen uns nach allen Regeln der Kunst, solche Übergriffe zu verhindern. Jeder einzelne Fall ist einer zu viel, aber wir werden solche Einzelfälle trotz intensivster Bemühungen in der Zukunft wahrscheinlich nicht verhindern können.“

Der Justizsprecher der Grünen, Albert Steinhauser, forderte „eine umfassende Aufklärung über die Situation im Jugendstrafvollzug in der Josefstadt“ und kündigte eine parlamentarische Anfrage an Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) an. Die Justizanstalt habe durchaus engagierte Beamte, „ist aber schlicht baulich und ressourcenmäßig für den Jugendvollzug nicht gerüstet“, meinte Steinhauser.

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