Stadtstraße: Gegner und Befürworter formieren sich
Nach der Lobautunnel-Absage durch Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) vergangene Woche ebben die Diskussionen um weitere Straßenbauprojekte nicht ab. Im Gegenteil.
Besonders heiß umstritten ist derzeit die Wiener Stadtstraße, die das Stadtentwicklungsgebiet Seestadt Aspern mit der Südost-Tangente verbinden soll.
Um dagegen mobil zu machen, stellten Greenpeace, Fridays for Future Wien und System Change not Climate Change am Montag einen roten Betonmischer vor dem Rathaus auf – als aktionistisches Zeichen „für das Ende der Betonpolitik der Wiener SPÖ unter Bürgermeister Michael Ludwig“.
Da die Stadtstraße in die Kompetenz der Stadt Wien fällt, darf sie trotz des groß angelegten Straßenbau-Stopps des Umweltministeriums gebaut werden.
Gewessler hat außerdem zugesagt, dass die Asfinag die zugehörige Spange errichtet, wenn die Stadt Wien den Bau der Stadtstraße weiter vorantreibe. Dass dem so ist, hat die SPÖ umgehend bekräftigt.
Für die Klimaaktivisten ist die Stadtstraße allerdings „ein Teil des fossilen Mega-Projekts im Südosten Wiens und wird noch mehr Verkehrswege für klimaschädlichen Individualverkehr schaffen“.
Offener Brief
Bei der Stadt Wien sieht man das komplett anders. Gemeinderat Erich Valentin (SPÖ) argumentierte gestern in einem offenen Brief für die Stadtstraße. Dank ihr käme es zu weniger Staus, weniger Lärm und mehr Platz für Radwege.
Auch Planungsstadträtin Ulli Sima und Donaustadts Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (beide SPÖ) erklärten via Aussendung, dass man dank des grünen Lichts für die Stadtstraße mit dem Bau leistbarer Wohnungen beginnen könne. Die Straße sei „Voraussetzung für Tausende leistbare Wohnungen im Nordosten“, so Sima.
Nevrivy musste gestern allerdings auch eine Schlappe einstecken. Die Volksanwaltschaft bestätigte, dass eine Bürgerversammlung zur geplanten Stadtstraße gemäß der Wiener Stadtverfassung abzuhalten sei.
Nachdem Nevrivy diese als „unzulässig“ abgesagt hatte, hatten die Grünen Donaustadt Beschwerde eingereicht – und nun eben recht bekommen.
Die Umweltorganisationen fordern neben einem „Nein“ zur Stadtstraße den Ausbau von klimafreundlicher Mobilität, mehr Grünflächen und vor allem, dass nicht – wie angekündigt – gegen Gewesslers Lobautunnel-Entscheid geklagt werde. Das werden die Aktivisten aber kaum verhindern können.
Sonderlandtag zu Stopp
Wien und NÖ wollen in der Frage nach rechtlichen Schritten abgestimmt agieren, wie die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) erklärte. Die nächsten Schritte würden bereits gesetzt, heißt es aus dem Rathaus in Wien.
Gleichzeitig werden in St. Pölten am Donnerstag politisch Akzente gegen die Vorgangsweise von Ministerin Leonore Gewessler gesetzt. Bei einem Sonderlandtag wurde eine Aktuelle Stunde zu den Baustopps (Lobautunnel, S1 und Marchfeld-Schnellstraße S8) angesetzt.
Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) gibt die Richtung vor: „Die Lebensqualität der Menschen, die Entwicklung einer ganzen Region und die Gesetzgebung werden durch die Entscheidung von Ministerin Gewessler mit absoluter Gleichgültigkeit behandelt.“
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