Stadtgestaltung: Ein bisschen Beton muss bleiben
10.000 Menschen werden in den kommenden Jahren dort arbeiten, 5.000 Menschen sollen hier eine Wohnung finden. Wer das Stadtentwicklungsgebiet Muthgasse derzeit von der U-Bahn kommend über den Leopold-Ungar-Platz betritt, trifft aber vor allem auf eine Betonwüste.
Auch die erste Visualisierung am Bauzaun des riesigen Bürogebäudes, das dort hochgezogen wird, zeigt: viel Beton, kaum Bäume.
Nun hat der Bezirk nachgeschärft – und das Architektenteam HNP Architects hat umgeplant: „Es wird 25 Bäume am Vorplatz und 5 Bäume hinter dem Bürogebäude geben“, sagt Döblings Bezirksvorsteher Daniel Resch (ÖVP). Dazu drei Wasserspiele und einen Trinkbrunnen. Kostenpunkt: 1 Million Euro.
Doch bei näherer Betrachtung zeigen auch die neuen Pläne viel verbaute Fläche. Zwischen den kleinen Grünflächen sind vor allem breite Gehwege.
Damit ist der Leopold-Ungar-Platz kein Einzelfall. Ganz ähnlich gestaltet sich die Lage am Reumannplatz in Favoriten oder beim Esterhazypark in Mariahilf, der im Vorjahr zu einem sogenannten „Cooling Park“ umgestaltet wurde. Da wie dort
war man bemüht, „Hitzeinseln“ – also Flächen, die sich wegen mangelnder Begrünung im Sommer besonders aufheizen – zu entschärfen. Und da wie dort wollte man vor allem mehr Grünflächen schaffen – damit ein Aufenthalt an Qualität gewinnt. Und trotzdem gibt es an jedem der genannten Plätze asphaltierte Flächen.
Nicht das Non-Plus-Ultra
Ist das, was da an Umgestaltung passiert ist, in Zeiten von Klimaerwärmung und zunehmenden Hitzetagen wirklich die beste aller Lösungen?
„Es ginge sicher besser“, sagt Architektin und Stadtplanerin Gabu Heindl. Vor allem auf dem Reumannplatz. Dessen Umgestaltung wurde lange herbeigesehnt und hinterließ danach viel Ratlosigkeit in den Gesichtern von so manchem Wiener und so mancher Wienerin. Es sei noch immer zu wenig Grün und viel zu viel Beton – monierten immer wieder Leser beim KURIER.
Aber vom Aussehen allein darf man sich auch dort nicht den Blick verstellen lassen. Nach der Umgestaltung ist der Anteil der Grünflächen gestiegen.
Verbaute Flächen waren aber auch gewünscht, sagt Andreas Jerabek, einer der Geschäftsführer von AGU-Architekten, die die Neugestaltung planten. Und: Es wäre auch gar nicht anders gegangen.
Direkt unter dem Reumannplatz befindet sich nämlich nicht nur das U-Bahn-Werk, sondern auch eine Garage. Dort riesige Bäume zu pflanzen, wäre also gar nichtmöglich gewesen. Und wie bei allen Umgestaltungen gab es Begehrlichkeiten.
Der Bezirk hatte Wünsche, ebenso diverse Dienststellen der Stadt, es sollte Platz für die Bühne eines Vereins geben, Feuerwehrzufahrten und Gehwege mussten eingehalten werden.
Selbst Fußballfans mussten in die Planungen miteinbezogen werden. Bei Spielen mit heiklen Fan-Konstellationen wird eine der Gruppe der Fans von der Polizei vom Reumannplatz bis zum Stadion beim Alten Landgut begleitet – damit es nicht zu Zusammenstößen kommt.
Auch sie brauchten also Platz.
Generell gilt: „Man darf sich nicht nur nach dem ästhetischen Leitbild richten“, sagt Lilli Lička, Universitätsprofessorin und Leiterin des Instituts für Landschaftsarchitektur an der Universität für Bodenkultur. Man müsse auch Nachhaltigkeit und Zweck mitbedenken und fragen: „Wer nützt den Platz und wofür? Was steht zur Verfügung?“ Nicht immer sei eine Wiese am sinnvollsten.
Für Entsiegelung spricht sich aber auch Lička aus. Allerdings sagt sie, seien verbaute Flächen nicht per se schlecht: Es komme auch auf die Verarbeitung an. „Auch Belege können Hitzeentwicklung verhindern.“
Dass am Leopold-Ungar-Platz in Döbling kein riesiger Park gebaut wird, hat übrigens auch stadtplanerische Gründe. Weil sich direkt dort die U4-Endstation Heiligenstadt und ein Studentenwohnheim befinden, muss auf Bewegungsströme geachtet und ein Blindenleitsystem angelegt werden. „Das geht auf der Wiese nicht“, sagt Bezirksvorsteher Daniel Resch.
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