Wiener Stadtentwicklung: Ganz schön wild in der neuen Stadtwildnis
Eine Wildnis mitten in der Stadt? Die Stadtregierung – erst rot-grün, jetzt rot-pink – kündigt im Nordbahnviertel seit Jahren ein noch nie da gewesenes Areal unberührter Natur in Wien an. Jetzt ist der erste Teil (siehe Grafik unten) fertig. Konkret geht es um die "Freie Mitte", eine Parkanlage, auf dem einstigen Bahnhofsareal. Die sogenannte Stadtwildnis im Realitätscheck.
Wie kommt man hin?
Bei der Ankunft mit dem O-Wagen bei der Bruno-Marek-Allee steht man vor Kränen und Zäunen. Baucontainer umzingeln den Wasserturm. Es schaut wild aus – wenn auch nicht wegen der Natur. Nicht beirren lassen: Der Eingang befindet sich hinter den Baustellen.
Wie klein ist die Wildnis?
Bis 2026 entstehen um den Park 2.500 Arbeitsplätze und 5.000 Wohnungen, bis 2030 leben 20.000 Menschen hier. "Das Areal ist viel zu klein, wenn man sieht, wie viel hier gebaut wird", sagt ein Anrainer. "Verglichen mit dem Augarten ist die ‚Freie Mitte‘ ein kleiner Garten." Er hat nicht unrecht: Die gesamte Parkanlage, die 2025 fertig sein soll, ist rund 13 Fußballfelder groß. Der Augarten hingegen 72 Fußballfelder. Der Teil der Stadtwildnis – rund 1,4 Hektar – ist nur zwei Fußballfelder groß, wirkt aber weitaus kleiner. Das kann auch an den hohen Kränen am Areal liegen.
Mitten im Nordbahnviertel
Der denkmalgeschützte Wasserturm ist umzingelt von Baucontainer.
Auf der Suche nach der Stadtwildnis
Bei der Ankunft mit dem O-Wagen findet man den Eingang zur Stadtwildnis schwer. Er befindet sich hinter den Baustellen, am Anfang der Vorgartenstraße. Man kann daher auch mit dem 11 A (Station Innstraße oder Holubstraße) anreisen.
Holzsteg in der Wildnis
Ein Holzsteg führt in die „Wildnis“. Es gibt dort Bänke und drei Hochsitze.
Schilder verweisen auf die Biotope
Schilder informieren vor den Biotopen der Wechselkröten. Leider sind einige bereits beschmiert.
Was gibt es in der Wildnis?
Ein Holzsteg führt in die "Wildnis". In zwei Biotopen wurden Wechselkröten angesiedelt. Sie lebten bereits früher auf dem Areal, das jetzt bebaut wird. Die Stadt hat die Absiedelung aufgrund eines naturrechtlichen Bescheids in die Wege geleitet. Eine ökologische Bauaufsicht kontrolliert noch 15 Jahre nach Fertigstellung des Viertels das Wohlergehen der Kröten. In der Stadtwildnis stehen Bänke und drei Hochsitze. In den Teichen sieht man jahreszeitenbedingt nicht viel – außer eine leere Zigarettenschachtel.
Für wen ist die Wildnis?
"Für die Tiere. Ich sehe immer wieder Hasen und Füchse", sagt ein Besucher. Auch er hat recht. Neben den Biotopen gibt es Stein- und Holzvorrichtungen, bei denen sich Zauneidechsen verstecken können. Und es wurden Insekten- und Vogelnährpflanzen gesetzt: Gemeine Berberitze, Kornelkirsche, Weißdorn und Pfaffenhütchen. Bestimmte Pflanzen locken bestimmte Tiere an: Für das Wiener Nachtpfauenauge wurde etwa die Vogelkirsche gepflanzt. Vogelgezwitscher, wie das des Neuntöters, der viele Vogellaute nachsingen kann, ist wirklich zu hören. Auch wenn es vom Baulärm übertönt wird.
Bauzaun vor der historischen Brücke
Will man auf dem Areal weitergehen, so muss man der neugeschaffenen Trasse - einem betonierten Weg - folgen. Doch man wird von einem Bauzaun aufgehalten. „Betreten verboten" steht dort.
Baustelle der historischen Brücke
Unter dieser Brücke soll einmal ein Radweg führen.
Schleichweg durch das Gebüsch
Um auf das Areal der "Pciknickwiese" zu gelangen, muss man derzeit Schleichwege gehen.
Die historische Eisenbahnbrücke
Die neu restaurierte und historische Eisenbahnbrücke aus dem Jahr 1876 wurde besprüht. Daher verzögert sich der Einbau.
Ab 2022 entsteht hier die Picknick- und Drachenwiese
Die Picknickwiese soll erst im Jahr 2022 neu gebaut werden. Dafür wird das Areal dann auch eingezäunt werden. "Lichter und Leitungen werden montiert", erklären die Wiener Stadtgärten.
Es geht wild zu
Auf dem Areal findet man immer wieder noch Dosen auf Stecken. In den nächsten Jahren soll es hier eine Hundezone, einen Spielplatz oder einen Gemeinschaftsgarten geben.
Hier entsteht bald Neues
Auf dem weiteren Areal sollen entstehen: Basketballplatz, Fußballplatz und ein Stadtbalkon, der einen Blick auf das Areal ermöglicht.
Was gibt es noch zu sehen?
Vor der historischen Eisenbahnbrücke aus dem Jahr 1876 befindet sich ein Bauzaun. "Betreten verboten", steht dort. Die Brücke soll in das nächste Areal zur Picknickwiese führen. Aber die neu restaurierte Brücke wurde schon wieder beschmiert und wird darum abermals bearbeitet. Bis die Brücke fertig montiert wird, muss man durch das Gebüsch und über Schleichwege in das Areal der Picknickwiese vordringen.
Mahnmal in Planung
Zeugen der Bahngeschichte, wie alte Schienenstränge und Weichensteller, sollen auch im neuen Park erhalten bleiben.
Beschämende Vergangenheit des Ortes
Nicht nur vom ehemaligen Aspangbahnhof im 3. Bezirk, sondern auch vom Nordbahnhof kam es zu Deportationen in Vernichtungslager. Daran forschte Professorin Heidemarie Uhl mit ihrem Team von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Die Stadt und ÖBB sind im Gespräch wegen einem Mahnmal.
Elemente
Viele Elemente - wie Teile der alten Stadtmauer sollen erhalten bleiben.
Bahnmeisterei
Das verlassene Haus der Bahnmeisterei am Areal soll 2022 abgerissen werden. Ein Skatepark entsteht bis 2024.
Skatepark entsteht
Vor Jahren errichteten Anrainer auf dem Areal einen eigenen Skatepark, der dann aufgrund der Errichtung des Nordbahnviertels weichen musste.
Wildnis
Während rundherum bereits mehr als 50 Prozent der Häuser stehen, wird sich die Fläche wohl noch um einiges verändern. Immerhin werden 6 Hochhäuser - eines davon mit 95 Meter entstehen.
Matratzen
Am Areal geht es noch wild zu: Matratzen liegen etwa frei herum.
Warum liegen hier Matratzen?
Das Areal der Picknickwiese wird 2022 gebaut. Für die Bauzeit wird es dann eingezäunt. Lichter und Leitungen werden laut Wiener Stadtgärten montiert – und dann wird das Gebiet gereinigt. Derzeit geht es nämlich auch hier noch wild zu: Matratzen liegen herum und besprühte Steine, daneben das verlassene Haus der Bahnmeisterei. "Das wird 2022 abgerissen", sagen die ÖBB. Sie sind im Besitz dieses Grundes. "Die einzelnen Abschnitte werden nacheinander der Stadt übergeben", heißt es. Vor Jahren wurde der von Anrainern gebaute Skatepark abgerissen. 2024 soll anstelle der Bahnmeisterei ein neuer Skatepark entstehen.
Was war hier zuvor?
Zeugen der Bahngeschichte sind nach wie vor zu sehen: Schienenstränge, Weichensteller, Masten. Sie erinnern auch an die beschämende Vergangenheit. Denn vom Nordbahnhof kam es unter den Nazis zu Deportationen in Vernichtungslager. Die ÖBB und die Stadt besprechen derzeit die Errichtung eines Mahnmals.
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