Stadt will Heumarkt-Projekt weiter vorantreiben
Der Heumarkt-Poker geht in die nächste Runde: Die Wiener SPÖ ist der Aufforderung des Bundes nachgekommen und hat einen Brief mit den geplanten Maßnahmen verfasst. Spätestens am Montag wird ihn Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), wie gefordert, Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) zukommen lassen.
Doch der Inhalt dürfte den Bund nicht zufriedenstellen.
Die Stadt bitte die UNESCO lediglich darum, dass die Welterbestätte Wien weiter auf der Roten Liste der bedrohten Stätten bleiben darf, weil vorerst keine weiteren Änderungen geplant sind. Das verriet Ernst Woller dem KURIER. Der Wiener SPÖ-Landtagspräsident hat das Schriftstück verfasst.
Ein Turmprojekt mit Folgen
Zur Erinnerung: Das Bauprojekt, das am Heumarkt von Investor Michael Tojner geplant ist, stößt dem Welterbekomitee seit Jahren sauer auf. Aufgrund seiner Masse und seines 66-Meter-Turms passt es der internationalen Schutzorganistaion nicht in eine Welterbestätte. Dort befindet es sich aber: in der Kernzone der Welterbestätte „Historisches Zentrum von Wien“.
Als der Wiener Gemeinderat diesem Projekt im Sommer 2017 dennoch grünes Licht gab, reagierte die UNESCO und setzte Wien auf die Rote Liste der bedrohten Welterbestätten, sprach also eine Verwarnung aus.
Türkis-Blau gegen Rot-Grün
Die kurz darauf neu gebildete türkis-blaue Bundesregierung fand in der Causa eine Möglichkeit, auf Versäumnisse der rot-grünen Stadtregierung hinzuweisen.
Mitte März gab ihnen ein neuer UNESCO-Bericht neuen Anlass zur Kritik. In diesem Bericht stehe, das Projekt sei mit einem Welterbestatus „nicht vereinbar“.
Daraufhin verkündet die Stadt einen zweijährige Phase des Nachdenkens an.
Der Bund – in der Person von Kulturminister Blümel und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) – erklärte, das sei zu wenig. Das Projekt dürfte in seiner aktuell geplanten Form nicht kommen. Die Stadt habe bis 8. April Zeit, in einem Brief konkrete Maßnahmen zu erläutern.
Arbeits- statt Nachdenkphase
Diese sehen dürftig aus: Es soll verstärkt das Gespräch mit dem Investor und der UNESCO gesucht werden. Woller ist zuversichtlich, dass auf diesem Weg in ein, zwei Jahren am Heumarkt ein Projekt realisiert wird. "Tojner hat unlängst im Ö1-Journal gesagt, er sei kompromissbereit", sagt Woller. Auch dass die Stadt seinen Welterbestatus behalten kann, sieht Woller als wahrscheinlich: „Die UNESCO hat auch ein Interesse daran, dass Wien diesen Status behält. Wir werden auf der offiziellen Broschüre ganz oben genannt. Wir sind für die UNESCO ein Aushängeschild.“
Weisung wahrscheinlich
Der Bundesregierung dürfte all das zu wenig sein. Somit wird die angedrohte Weisung wahrscheinlich. Konkret könnte der Bund von der Stadt fordern, den (bereits genehmigten) Flächenwidmungsplan so abzuändern, dass er den Anforderugen des Weltkulturerbes entspricht.
Gericht am Zug
Unterdessen ist auch noch die Entscheidung des Bunderverwaltungsgerichts ausständig, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Den für kommenden Mittwoch angesetzten Verhandlungstermin inklusive Lokalaugenschein hat das Bundesverwaltungsgericht nun abgesagt, wie der Standard berichtet. Dass Projektwerber Wertinvest den Termin abgesagt hatte, hat der KURIER berichtet.
Das Urteil wird schriftlich ergehen.
Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass eine solche Prüfung notwendig ist, werden Tojner und auch die Stadt Wien Einspruch erheben und den Bundesverwaltungsgerichtshof mit der Causa befassen.
Kritik am Eislaufverein
Harte Worte richtet Ernst Woller unterdessen an den Wiener Eislaufverein. Dieser hatte sich vor einigen Wochen hilfesuchend an die Stadt gewandt: Er sei der Verlierer der aktuellen Situation: Aufgrund der unklaren Lage sei es schwierig, Mieter zu finden, die die dringend benötigten Einnahmen bringen, meinte Pressesprecher Peter Menasse. Gleichzeitig würden die Anlagen weiter verfallen, sie könnten aber auch nicht erneuert werden, weil ja in einigen Jahren alles abgerissen und neu gebaut werden soll.
Ernst Wollter kann die Klagen des Eislaufvereins nicht nachvollziehen: „Der Eislaufverein erhält komplett neue Anlagen, und eine finanzielle Absicherung durch den Investor auf die nächsten 100 Jahre. Er ist der wahre Gewinner des Projekts.“
Finanzielle Unterstützung der Stadt werde es daher nicht geben. Ein Treffen soll in den nächsten Wochen dennoch stattfinden.
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