1.500 Polizisten zusätzlich fordert Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) für Wien. Sollte der Bund diese Anzahl an neuen Kräften nicht zur Verfügung stellen können, sei die Stadt gewillt, die Polizei selbst zu übernehmen. Diese Ankündigung tätigte die SPÖ bereits mehrfach. Sicherheit ist schließlich auch eines der Kernthemen dieses Wahlkampfs.
Doch ist es überhaupt möglich, dass die Stadt Wien die Polizei übernimmt?
Gründe dafür, warum es sinnvoll sein könnte, kann das Bürgermeisterbüro jedenfalls gleich mehrere nennen: Erstens die bereits angesprochenen fehlenden Polizisten. „Allein der zehnte Bezirk entspricht von der Einwohnerzahl der Stadt Linz. Die Polizeikräfte aber stehen in keinem Verhältnis“, heißt es aus dem Büro des Bürgermeisters.
Stadt hat bereits Aufgaben der Polizei übernommen
Zweitens würden in Wien zahlreiche Veranstaltungen und Demos stattfinden, die nicht die Einrichtungen der Stadt, sondern vor allem auch die des Bundes betreffen. Dennoch stemme das derzeit die Wiener Polizei.
Drittens komme noch dazu, dass die Stadt im Laufe der Jahre „immer mehr Aufgaben der Polizei“ übernommen habe. Als Beispiel werden das Pass- und Meldewesen, die Parkraumüberwachung und das Fundwesen genannt. Auch bei den Rekrutierungsmaßnahmen für neue Polizisten unterstütze die Stadt. „Dafür wäre sie eigentlich gar nicht zuständig“, heißt es.
Grundsätzlich bestehe deshalb die Bereitschaft vonseiten der Stadt, die Verantwortung über die Polizei zu übernehmen, wird betont. Doch bis dahin wäre es ein sehr weiter Weg, denn zunächst müsste viel Geld aufgestellt werden.
Eine Frage des Geldes
Rund 650 Millionen Euro jährlich beträgt das aktuelle Budget der LPD Wien. Wenn man 1.500 Beamte mehr haben möchte, werden aber wohl entsprechend höhere Kosten anfallen. Dazu kommen unter Umständen noch zusätzliche Ausgaben für Beschaffungen und eventuell müsste sich die Stadt beteiligen, wenn Unterstützung aus den Bundesländern etwa für Großdemos, Staatsbesuche oder Sportveranstaltungen benötigt wird. Die Gesamtkosten könnten also jährlich durchaus bis zu einer Milliarde Euro ausmachen.
Finanziert werden sollte eine mögliche Übernahme der Polizei durch die Stadt laut dem Bürgermeisterbüro übrigens über den Finanzausgleich, also durch den Bund.
In Bregenz oder Baden gibt es bereits so eine Stadtpolizei. Wichtig dabei ist auch eine gute Zusammenarbeit mit der Bundespolizei: „Diese funktioniert ausgezeichnet. Es gibt keine Konkurrenz. Wir nehmen auch an den Ausbildungen des BPK Baden und der LPD teil“, erklärt Oberst Walter Santin, Leiter der Stadtpolizei Baden.
Und sein Stellvertreter, Major Sebastian Stockbauer, ergänzt: „Gerade die Bundespolizei in Wien ist mit einer recht hohen Überstundenbelastung pro Exekutivbediensteten besonders belastet. In diesem Zusammenhang stellen gut aufgestellte Gemeindewachkörper ein Mehr an Sicherheit zur Verfügung, zusätzlich zur bestehenden Bundespolizei. Als Stadtpolizei haben wir eigene Ressourcensteuerungsmöglichkeiten und können uns mit aller Kraft auf eine Stadt konzentrieren.“
Dem Bürgermeister unterstellt
Und wichtiger Zusatz: „Hierbei sind wir nicht dem Innenminister, sondern dem Bürgermeister unterstellt und können eigene Schwerpunkte setzen.“ Funktionieren würde eine Stadtpolizei, so Major Stockbauer, auch in einer Großstadt wie Wien, weil sie flexibler eingesetzt werden und sich dadurch auch anderen Problemen widmen könne, für die die Bundespolizei nicht die nötigen Ressourcen habe. „Eine eigene gut aufgestellte Stadtpolizei kostet zwar Geld, aber die Sicherheit muss es einem Wert sein.“
Konkrete Vorschläge, wie die mögliche Übernahme der Bundespolizei durch die Stadt Wien genau aussehen könnte, gibt es noch nicht. Ein vom Bürgermeisterbüro genanntes Beispiel ist aber Deutschland: „Dort gibt es eine Bundespolizei und Polizeikräfte auf Landesebene, die vernetzt miteinander arbeiten.“ Ähnliche Modelle gibt es in vielen Ländern, etwa Italien oder Spanien.
Wien schwebt keine kleine Lösung vor
Woran man jedenfalls nicht denkt, ist eine „kleine Stadtpolizei einzurichten, die vielleicht sogar in Konkurrenz zur Bundespolizei steht. An der Definition, wie wir die Polizei kennen, soll sich nichts ändern“, heißt es aus dem Bürgermeisterbüro.
Die größte Hürde ist aber wohl, dass die Verfassung geändert werden müsste. Dafür müssen sich die drei großen Parteien oder sonst vier einig sein. Im aktuellen Regierungsprogramm wird der Vorschlag aber nicht einmal erwähnt.
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