Semmelweis-Areal: Ein dubioser Zinshaus-Ausverkauf
Spekulationen darüber, dass die Stadt einem Immobilien-Gutachter ein Zinshaus am Semmelweis-Areal viel zu günstig verkaufte, kursieren seit Jahren. Ein nun aufgetauchter Bericht legt nahe, dass sie berechtigt sein dürften: Der Erlös von 500.000 Euro liege „weit außerhalb der Marktpreisbandbreite“, heißt es in dem Papier. Das ist auch insofern brisant, als der Deal Expertisen des Gutachters für die Stadt Wien beeinflusst haben könnte.
Zur Erinnerung: 2012 verkaufte die Stadt Teile des Frauenklinik-Geländes. Drei Pavillons gingen für 14 Millionen Euro an Private, die dort die Amadeus-Musikschule einquartierten. Den Park im Nordwestteil kaufte für 4,66 Millionen die gewerkschaftsnahe at-home-Immobilien GmbH, um dort Wohnungen zu bauen. Die Opposition kritisierte in beiden Fällen zu geringe Kaufpreise – die das Rathaus mit externen Gutachten verteidigte.
Allerdings hatte der Verfasser dieser Expertisen zuvor ein mehrstöckiges Zinshaus am Areal erstanden – für eine halbe Million Euro und ohne Ausschreibung. Ob das angemessen war, hat nun ein Consulting-Büro geprüft. Laut seinem Bericht, der dem KURIER vorliegt und auch Teil eines laufenden Ermittlungsverfahrens der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist, war das Eckhaus 2010 zwischen 1,3 Millionen und 995.000 Euro wert (abhängig von der Berechnungsart, Anm.).
Denkbar wäre, dass der Käufer seinen Dank für das Schnäppchen in Form von Expertisen im Sinne der Stadt ausdrückte. „Falls der Gutachter selber an dem Deal verdient hat, erscheint der extrem niedrige Preis seiner eigenen ,Expertise‘ in einem neuen Licht“, sagt Johann Gudenus, gf. Obmann der Wiener FPÖ. „Er hätte sich für befangen erklären müssen.“
Unabhängige Sachverständige hätten den Preis des Zinshauses geprüft und ermittelt, erklärt das Wohnbau-Ressort. Das komme einem Bieterverfahren gleich. Man gehe daher davon aus, dass die Liegenschaft 2010 zum Verkehrswert verkauft wurde.
Undurchsichtige Immobiliendeals in Wien
Illegaler Kindergarten
Nicht zur Ruhe kommt auch die Amadeus-Musikschule auf dem Semmelweis-Areal: Am Dienstag schloss die MA 11 (Kinder- und Jugendhilfe) den dort ansässigen Kindergarten. Denn obwohl die Eltern mindestens 8000 Euro Kindergartengeld pro Jahr berappen, verabsäumte die Betreibergesellschaft Themes Vienna Limited & Co. KG, hinter der die Familie Goh aus Singapur steht, eine Genehmigung einzuholen. Eine solche konnte laut MA 11 trotz eines Ansuchens nicht erteilt werden, da der Betreiber keinen Mietvertrag vorlegen konnte. Betroffen seien rund 20 Kinder, sie seien aber nie gefährdet gewesen.
Der Kindergarten sei ein Anliegen der Eltern gewesen, teilt die Amadeus-Schule schriftlich mit. „Wir haben diesem Wunsch gern Rechnung getragen und sind noch immer bemüht, mit allen zuständigen Behörden einen Weg zu finden, in dessen Rahmen das abgewickelt werden kann.“
Diffuses Firmennetz
Das Firmenkonstrukt, das de facto hinter dem Musikschulbetreiber steht, ist undurchsichtig. In den vergangenen Monaten hat sich aber einiges verändert. Die Themes Vienna Limited & Co KG gehört zu 40 Prozent der Londoner Themes Vienna Limited sowie zwei Gesellschaften mit Sitz in Singapur: der New Century Capital Pte. Limited und der Tanglewood Pte Ltd. Anfang März 2018 wurden der Zahnchirurg Wilson Goh und Ho Swee neue Geschäftsführer der Londoner Gesellschaft und der bisherige Miteigentümer, die Nobel Education Network Limited, schied aus. Ihre Anteile haben New Century Capital und Tanglewood übernommen. Tanglewood gehört je zur Hälfte Wilson Goh und Karen Yap. New Century Capital wiederum steht im Eigentum einer Calama Group Limited mit Sitz auf den British Virgin Islands.
Die Londoner Themes Vienna Limited hat im Geschäftsjahr 2016 rund 500.000 Euro umgesetzt, fast 475.000 Euro für die Verwaltung ausgegeben und rund 23.500 Euro Nettogewinn verbucht.
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