Schließung des Böhler-Spitals: Kampfmaßnahmen drohen
Plötzlich muss alles ganz schnell gehen: Das Lorenz Böhler Unfallkrankenhaus im 20. Bezirk muss saniert und deshalb geschlossen werden. Zumindest, wenn es nach der AUVA als Eigentümer und nach einer Information geht, die an alle Mitarbeiter am vergangenen Mittwoch per eMail ergangen ist.
Wie der KURIER berichtete, wurden im Zuge eines geplanten Umbaus schwere Brandschutzmängel festgestellt. Sie betreffen das Tragwerk der Stahlskelettkonstruktion und erfordern „Maßnahmen, die weder kurzfristig noch im laufenden Betrieb umsetzbar sind“, wie es seitens der AUVA heißt.
Für die Patienten bedeutet das: Ein Teil der medizinischen Versorgung soll bis Jahresende in das UKH Meidling verlagert werden, das ebenfalls zur AUVA gehört, ein Teil ins AKH der Stadt Wien. Dabei geht es um insgesamt 65 Betten, die einen neuen Standort brauchen. In der Brigittenau bleibt nur eine Erstversorgungsambulanz zurück.
Ein Einschnitt in die Wiener Spitalsversorgung, der massiv ist und gleichzeitig vermeidbar gewesen wäre. Davon ist man jedenfalls in der Wiener Ärztekammer überzeugt: „Die Verantwortlichen tun so, als ob jetzt alles schnell gehen muss“, sagt Heinz Brenner, Obmann der Unfallchirurgie in der Standesvertretung zum KURIER. „In Wirklichkeit ist die Notwendigkeit, baulich etwas zu tun, seit zehn Jahren bekannt.“ Die Direktoren hätten aber zehn Jahre lang nichts unternommen, kritisiert er.
Sparzwänge
Brenner sieht als wahren Grund hinter der Schließung Sparzwänge. „80 Prozent der Kosten im Spital sind Personalkosten. Im Falle des Böhlers sind das 50 Millionen Euro pro Jahr. Würden sie wegfallen, wäre der Arbeitgeberbeitrag an die AUVA um 0,1 Prozentpunkte gesenkt.“
Zwar beteuert man bei der AUVA, dass keine Kündigungen geplant seien; doch Brenner befürchtet, dass viele seiner Kollegen die Übersiedlung und Aufteilung der Teams nicht mitmachen werden und die AUVA verlassen werden.
Folgen für Patienten
Laut dem Mediziner drohen gravierenden Folgen für die Patienten: „Für die kommenden Monate sind 900 bis 1.000 OP-Termine geplant. Wenn wir keine Betten, kein Station und kein Personal mehr haben, weil wir ,sukzessive disloziert’ werden sollen, werden die Termine nicht halten.“ Und vom einst so renommierten Böhler-Spital werde nur noch ein „Torso mit amputierten Gliedmaßen“ übrig bleiben.
Auch die Stadt Wien wurde von der geplanten Schließung völlig überrascht. „Wir haben davon erst vor ein paar Tagen erfahren“, sagt ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Nun sei man dabei, mit der AUVA Verhandlungen zur geplanten Übernahme von Leistungen durch das AKH zu führen.
Einfach werde die so kurzfristige Umstrukturierung sicher nicht, betont eine Sprecherin des Gesundheitsverbunds, aber man werde eine Lösung finden. Etwas sei aber keinesfalls verhandelbar: „Wir sind bereit, zu helfen, aber nur wenn das Personal des Böhler-Spitals ins AKH mit übersiedelt“, betont sie.
Geschichte
Der Vorläufer des heutigen Unfallkrankenhauses der AUVA wurde 1925 in der Webergasse in Wien-Brigittenau eröffnet. Unter dem ärztlichen Leiter Lorenz Böhler (in dieser Funktion bis 1963 tätig) stieg das Haus international zum Vorzeige-Unfallspital auf
Neubau
1972 wurde nach fünf Jahren Bauzeit der Neubau in der Donaueschingenstraße (ebenfalls Brigittenau) eröffnet. Zuletzt wurden dort laut AUVA 65.000 Patienten pro Jahr betreut
Umstrukturierung
2018 schließlich wurde das Böhler-Spital mit dem zweiten Wiener AUVA-Krankenhaus in Meidling organisatorisch zum „Traumazentrum Wien“ fusioniert
Personal soll mitkommen
„Die Leistungsverlagerungen schließen unser Personal mit ein“, sagt man bei der AUVA. Bereits geplante Eingriffe würden an den neuen Standorten durchgeführt. Ab Anfang 2025 soll dann am Standort Brigittenau bis zur Inbetriebnahme des dort geplanten Forschungs-, Wirtschafts- und Gesundheitscampus eine Interimslösung etabliert werden.
Das Personal ist jedenfalls massiv verunsichert. Für Montag ist eine Info-Veranstaltung geplant. Dabei wird es wohl nicht bleiben. Brenner: „Lenkt die Führung der AUVA nicht ein, können Kampfmaßnahmen nicht ausgeschlossen werden.“
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