"Wahnsinn, der gestoppt werden muss": Pfusch bei Belvedere-Sanierung?
„Das Schloss Belvedere ist eines der wichtigsten Monumente der Republik, somit ein Nationaldenkmal und hochbarockes Juwel von höchstem und europäischem Rang“: Mit diesen Worten beginnt ein dem KURIER vorliegendes Schriftstück, das seit dem Wochenende in Denkmalschutz-Kreisen kursiert und dort für enorme Aufregung sorgt.
Denn ausgerechnet beim 300 Jahre alten Schloss, überdies auch UNESCO-Weltkulturerbe, soll es im Zuge der vor Kurzem gestarteten Fassadenrestaurierung zu einem veritablen Pfusch gekommen sein; Denkmalschützer, die namentlich nicht genannt werden wollen, sprechen angesichts der Bedeutung des Objekts von „Skandal“ und „Wahnsinn, der gestoppt werden müsse“.
Konkret geht es um die rund 50 Fenster in der Erdgeschoß- und Sockelzone des Oberen Belvedere: Diese sind mit „historischen, handgeschmiedeten, reich dekorierten Eisengittern“ ausgestattet – alles Originale nach Plänen von Johann Lucas von Hildebrandt, der das Obere Belvedere von 1721 bis 1723 errichtete.
„Gitter niemals ausbauen!“
Doch nun sei begonnen worden, diese Eisengitter „einfach herauszureißen, obschon historische Gitter niemals auszubauen sind!“ Und bei dieser „brutalen Demontage“ seien noch dazu „die handgemeißelten Steingewände kaputtgemacht“ worden, wie es in dem hochbrisanten Bericht heißt.
Das allein sei schon ein gewaltiger Frevel und eine „Teilzerstörung eines Denkmals“, das eigentlich bei der Bezirksverwaltungsbehörde angezeigt werden müsste.
Zugleich drohe aber eine weitere Denkmalzerstörung: Denn die Gitter sollen später wieder eingebaut werden – allerdings „zugeschnitten und gekürzt“, damit sie nach der Fassadenrestaurierung wieder hineinpassen: Ein solches Zuschneiden entspreche aber keinesfalls dem Stand der Technik in der Denkmalpflege und bedeute letztlich einen „unwiederbringlichen Verlust an diesem so prominenten wie prächtigen Baudenkmal“.
"Das Neue an das Alte anpassen"
Auf Nachfrage erklärt einer der Urheber des Schriftstücks, ein international anerkannter Restaurationsexperte, dass der Grundsatz im Denkmalschutz immer laute, „das Neue an das Alte anzupassen und nie umgekehrt“: „Einem Michelangelo schlägt man ja auch keine Teile ab, damit er in die Nische passt.“
Die besagten Fenstergitter seien daher zweifelsfrei vollständig und original zu erhalten, weil sie ganz wesentlich zur Außenwirkung des Belvedere beitragen würden: „Und im Denkmalschutzgesetz ist die künstlerische Wirkung der Außenerscheinung ganz klar festgehalten.“
Tatsächlich zeigt sich beim KURIER-Lokalaugenschein, dass an zwei der niederen Rechteck-Fenster südseitig die Gitter schon herausgerissen wurden – mit entsprechendem Schaden an den Steingewänden (also der Begrenzung des Fensters) und sogar am Stuck; gleich daneben befinden sich weitere Fenster, wo rund um die Eisengitter auch schon äußerst rustikal weggestemmt wurde.
Wie die Situation auf der Seite des Schlossparks ist, ist nicht ersichtlich, denn die dort situierten höheren Fenster sind von Bauplanken verdeckt.
Geschichte: Das Schloss Belvedere, bestehend aus dem Unteren und Oberen Belvedere, wurde von Johann Lucas von Hildebrandt zwischen 1714 und 1723 für Prinz Eugen von Savoyen erbaut. Maria Theresia erwarb nach dessen Tod die gesamte Anlage und machte das Obere Belvedere zum Ausstellungsort der kaiserlichen Sammlungen – und damit zu einem der ersten öffentlichen Museen weltweit.
UNESCO-Welterbe: Mit dem Schlossgarten zählt das Gesamtensemble zu den schönsten Barockbauten der Welt und ist seit 2001 auch Teil des UNESCO-Welterbes „Historisches Zentrum von Wien“.
Mit Denkmalamt abgestimmt
Auftraggeber des Projekts ist die Burghauptmannschaft. Als vor wenigen Tagen das 2,9 Millionen Euro teure Vorhaben (Fertigstellung bis 2026) präsentiert wurde, versicherte Burghauptmann Reinhold Sahl, dass man sich für „den Erhalt und die Pflege unseres österreichischen baukulturellen Erbes“ einsetze.
Wie passt das zusammen?
Mit dem Sachverhalt vom KURIER konfrontiert, erklärt Sahl, dass er die Arbeiten nun unverzüglich gestoppt habe. „Jetzt haben wir zwei Tage Pause, wo wir das Ganze abstimmen und uns ansehen können, wie es richtig zu geschehen hat.“
Klar sei aber, dass die Art und Weise, wie diese zwei Gitter entfernt wurden – „nämlich ins Mauerwerk zu gehen“ –, nicht fachmännisch erfolgt sei. „Das wurde gestoppt“, so Sahl. Beschädigt seien vorerst nur jene zwei Fenster der Teichhof-Fassade, wobei er sich die daneben erfolgten Stemmarbeiten auch erst ansehen müsse. „Ich weiß noch nicht alles.“
„Gitter sollen abnehmbar sein“
Grundsätzlich aber habe das Denkmalamt seinen Sanctus zu den Arbeiten - und damit auch zur Gitter-Demontage und -Einkürzung – gegeben, weshalb man jetzt mit diesem die Einzelheiten erst „durchdiskutieren“ müsse. „Wir werden in den nächsten Tagen dazu Klarheit haben. Was war richtig und was war in der Form nicht geplant?“, meint der Burghauptmann.
Doch warum sollten alle Gitter überhaupt demontiert werden?
Laut Sahl gehe es darum, dass die Belvedere-Fenster künftig von außen gewartet werden können. „Und um besser hinzukommen, sollten die Gitter abnehmbar sein.“ Wobei der Einbruchschutz – Stichwort Saliera – voll erhalten bleibe.
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