Die Baumaffäre im Auer-Welsbach-Park
Seit fünf Monaten ist Dietmar Baurecht (SPÖ) Bezirksvorsteher im 15. Bezirk. Als Nachfolger von Gerhard Zatlokal hat er im jüngsten Bezirk mit dem niedrigsten Durchschnittseinkommen einiges zu tun. Gleich zu Amtszeitbeginn kommt es zum Clinch mit seinem Stellvertreter, Haroun Moalla (Grüne) – der Grund: Bäume.
Moalla konnte seinen Augen kaum trauen, als er im Auer-Welsbach-Park einen Stamm mit dem Umfang von 3,8 Metern fand. „Eine 159-jährige Winterlinde wurde gerodet, ohne dass wir darüber informiert wurden.“
Baurecht entgegnet: „Diese Rodung wurde noch vor meiner Amtszeit beantragt.“ Laut MA 42 (Stadtgärten) war der Baum schlichtweg krank: Wegen Stamm- und Pilzschäden musste er gefällt werden, heißt es. Moalla wiederum kritisiert, dass Bäume in Wien prinzipiell zu schnell gefällt werden.
Und dann kam die nächste Hiobs-Botschaft: die Fällung von 19 weiteren Parkbäumen sei schon geplant. „Es sollte auf jeden Baum geschaut werden, die Praxis von heimlichen Baumfällungen ist einfach nicht mehr zeitgemäß“, so Moalla.
Der rote Bezirkschef ist jedoch mit den Baumkontrolleuren vor Ort gewesen. „Ich erinnere mich noch an die toten Kinder in Kärnten, die bei einem Sturm von einem Baum erschlagen wurden, so etwas will ich nicht“, sagt Baurecht zum KURIER. Die Gefahr, dass ein Baum ein Menschenleben gefährde, sei „klar gegeben“. Laut MA 42 werden visuelle Kontrollen routinemäßig mindestens einmal im Jahr nach der ÖNORM 1122 (Baumkontrolle und Baumpflege) von zertifizierten Baumkontrolleuren durchgeführt. Dabei werde die Verkehrssicherheit überprüft, notwendige Maßnahmen werden festgelegt und dokumentiert.
In der Begründung und der Info über die Ersatzpflanzungen für die 19 Baumfällungen, die dem KURIER vorliegen, heißt es, dass einige Bäume aufgrund von Holzschädigungen nicht bruchsicher seien. Andere Bäume seien abgestorben und haben ihre physiologische Altersgrenze erreicht.
„Wo sind die Gutachten?“, fragt Moalla. Dieselbe Forderung twitterte die Initiative „Baumschutz Hernals“ am Donnerstag. Aus der MA 42 heißt es, dass es nicht für jeden Baum ein Gutachten gebe.
Keine Statikprüfung
Klaus Wechselberger von der Initiative „Zukunft Stadtbaum“ habe die Bäume vor einem Jahr noch selbst gesehen, erzählt er: „Nur von ganz wenigen Bäume könnte eine Astburchgefahr ausgegangen sein“. Er kritisiert den Vorgang des Magistrats: Es werde entweder zurechtgeschnitten oder gefällt. Moderne Statikprüfungen (Zug-Druck-Test bei Wind über 50 km/h mit Computeranalyse) werden hingegen nie in Erwägung gezogen, meint er.
Für den Bezirksvorsteher ist die Sache dennoch klar: Die Baumfällungen seien notwendig – und es gebe Ersatzpflanzungen nach dem Wiener Baumgesetz. Weitere Baumpflanzungen habe er außerdem am Neusserplatz geplant. Das Umgestaltungsprojekt möchte er bald vorstellen.
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