Rauchfangkehrer: Seit 600 Jahren für Glück und Sicherheit zuständig
Es war ein Rauchfangkehrer, der das österreichische Kaiserreich vor einem Komplott bewahrte. Zumindest besagt das die Legende: Der Hofrauchfangkehrer von Schloss Schönbrunn soll sich in einem begehbaren Heizschacht befunden haben, als er die Pläne für die Verschwörung mithörte und daraufhin aufdeckte. „Und auch wenn diese Geschichte in die Welt der Mythen gehört, war dem Rauchfangkehrer der Glücksbringerstatus somit gewiss“, sagt Michael Cesnek, Innungsmeister-Stellvertreter der Wiener Rauchfangkehrer.
Mehr Sicherheit als Glück
Dabei bringt ein echter Rauchfangkehrer viel eher Sicherheit als Glück: Im 15. Jahrhundert siedelten sich die ersten italienischen Wandergesellen rund um Wien an. Sie waren es, die in der Stadt Öfen bauten und Kamine kehrten. „Durch ihre Arbeit verhinderten sie zahlreiche Brände und brachten Sicherheit in die Häuser“, sagt Günter Stern, pensionierter Rauchfangkehrer und Leiter des „Rauchfangkehrer Museum“ in Wieden.
Damals gab es in Wien noch sogenannte „schleifbare Rauchfänge“, in denen die Rauchfangkehrer mit bloßen Händen und Füßen von unten nach oben kletterten. Dicke Leder-Anzüge, die an den Ellbogen und den Knien mit Stroh oder Pferdehaar gefüttert waren, schützten dabei die Druckstellen.
Das "Rauchfangkehrer Museum" in Wieden
Dicke Leder-Anzüge, die an den Ellbogen und den Knien mit Stroh oder Pferdehaar gefüttert waren, schützten dabei die Druckstellen.
Im Museum sind Glücksbringer in unterschiedlichsten Varianten ausgestellt
Den Ruß, der bei dieser Art des Rauchfangkehrens auf den Anzug gelang, dürfe man aber niemals als Schmutz bezeichnen, sagt Stern. „Rauchfangkehrer sind nicht schmutzig, sie sind rußig. Das ist ein wichtiger Unterschied“, sagt Stern. Nicht umsonst tragen sie noch heute traditionell die weiße Kappe und den weißen Schal. „Damit zeigen wir, dass wir sauber und reinlich sind“, sagt Stern.
Neue Aufgabenfelder
Die Zeiten, in denen der Ruß die Arbeit der Rauchfangkehrer beherrschte, ist aber zumindest in der Stadt vorbei. „In den 70er-Jahren wurde alles auf Gas umgestellt“, sagt Stern.
Ein Ende hat die Arbeit der Rauchfangkehrer damit aber nicht gefunden. „Fast jede Arbeit, die es früher gegeben hat, gibt es auch heute noch“, sagt Innungsmeister-Stellvertreter Cesnek. Gemeint ist damit etwa die regelmäßige Überprüfung der Feuerstätten. Völlig aus der Stadt verschwunden seien die Rauchfänge nämlich nicht. Sie seien lediglich weniger geworden. Aber auch der Brandschutz gehöre nach wie vor zum Aufgabengebiet der Rauchfangkehrer. „Und das wird in der Stadt in Zukunft sicher weiterhin wichtig sein.“
Abseits der Brände gebe es nun aber auch neue Gefahren, die beim Heizen entstehen können: Die gut gedämmten Gebäude seien anfällig für Unterdruck, sagt Cesnek. „Früher ist auch bei geschlossenen Fenstern noch Luft in den Raum gelangt. Heute dagegen muss die Luft künstlich zugeführt werden.“ Aber auch die Wahrung der Energieeffizienz und die Abgasmessung gehören längst ins Repertoire ihrer Arbeitsfelder.
Im Angesicht der Krise
Noch dazu hat das weltpolitische Geschehen weit mehr Einfluss auf die Arbeit der Wiener Rauchfangkehrer, als man vielleicht annehmen würde: „Aufgrund des Krieges in der Ukraine sind die Nachfragen nach Holzöfen und die Reinigung von bestehenden Rauchfängen um das Vier- bis Fünffache gestiegen.“ Heizen zu können, auch wenn das Gas knapp wird oder der Strom ausfällt, gebe den Menschen ein Gefühl der Sicherheit, sagt Cesnek.
Das Interesse an Holzöfen sei mittlerweile so groß, dass sogar das „Rauchfangkehrer Museum“ schon Anfragen dazu erhalten habe. „Wir wurden in letzter Zeit öfter gefragt, ob wir unsere historischen Holzöfen, die wir als Museum besitzen, verkaufen würden“, sagt Museumsleiter Stern.
Ab ins Museum
Zu Silvester zeigt das „Rauchfangkehrer Museum“ (4., Klagbaumgasse 4) von 14 bis 17 Uhr eine Ausstellung über die ehemalige Florianikirche, die dem Patron der Rauchfangkehrer geweiht war. Erwachsene erhalten einen Glücksbringer, Kinder einen Schoko-Rauchfangkehrer
Neue Leitung
Nach 32 Jahren tritt Günter Stern (Bild) im neuen Jahr als Museumsleiter zurück. Ein junges Team wird übernehmen
Das Interesse an Holzöfen sei mittlerweile so groß, dass sogar das „Rauchfangkehrer Museum“ schon Anfragen dazu erhalten habe. „Wir wurden in letzter Zeit öfter gefragt, ob wir unsere historischen Holzöfen, die wir als Museum besitzen, verkaufen würden“, sagt Museumsleiter Stern.
Was für ein Glück
Angesichts all dieser Anfragen und neuen Aufgabenfelder scheint es nicht verwunderlich, dass es in Wien auch heute noch 90 Betriebe mit rund 300 Rauchfangkehrern gibt. Und der Nachwuchs steht schon in den Startlöchern: 46 Lehrlinge werden derzeit ausgebildet. Das Glück dürfte den Wienerinnen und Wienern somit zumindest vorerst nicht ausgehen. Beste Voraussetzungen für das neue Jahr also.
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