55-Jähriger nach Tod eines Mädchens angeklagt: Tumult bei Urteilsverkündung

55-Jähriger nach Tod eines Mädchens angeklagt: Tumult bei Urteilsverkündung
Prozess: Die 16-jährige Wienerin war in die Drogenszene abgerutscht. Vor ihrem Tod soll sie mehrfach missbraucht worden sein. Dennoch wird der Mann freigesprochen.

Morphin, Kokain, Methamphetamin, Benzodiazepine: All diese Substanzen wurden im Körper einer 16-Jährigen gefunden, die am 10. Dezember des Vorjahres in einer Wohnung in Rudolfsheim-Fünfhaus tot gefunden wurde. 

Das Mädchen stammte aus zerrütteten Verhältnissen, war fremduntergebracht - und nahm Drogen. 

In der Wohnung, in dem das Mädchen gefunden wurde, lebte auch der heute 55-jährige Rumäne

"Habe geglaubt, dass sie schläft"

Er soll, so die Anklage, die Lage der 16-Jährigen ausgenützt und mehrfach Sex mit ihr gehabt haben. Die Rettung rief er nicht. "Ich habe geglaubt, dass sie schläft."

Der Mann ist am Donnerstag wegen sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen Person angeklagt. Dass er etwas mit dem Tod des Mädchens zu tun hat, konnte ihm nicht nachgewiesen werden. 

Ebenso wenig, dass er nicht wusste, dass das Mädchen minderjährig war. Während der Verhandlung tut er sich in erster Linie selber leid. "Ich bin ein bisschen müde. Ich will eigentlich gar nicht mehr darüber reden. Ich muss mich seit Monaten damit auseinandersetzen."

Als ihm die Richterin Bilder des Mädchens vorhält, wendet er sich ab, schreit: "Ich will das nicht sehen! Tun Sie das weg!" Und überhaupt fühlt er sich benachteiligt: "Schreien Sie mich nicht an!", schreit er zur Richterin.

Wegen Mordes vorbestraft

Fest steht: Der Mann - er hat mehrere Vorstrafen, unter anderem wegen Mordes und fahrlässiger Tötung - lernte das Mädchen wenige Tage vor seinem Tod kennen. Er beobachtete die 16-Jährige dabei, wie sie sich am Margaretengürtel Suchtgift beschaffte.

Als er sie am 8. Dezember am Westbahnhof wieder traf, sprach er sie an und nahm sie in seine Unterkunft mit. Im Vorfeld dürfte man sich geeinigt haben, sexuelle Handlungen gegen Drogen zu tauschen. Auch das bestreitet er. Im Gegenteil, er habe Mitleid gehabt. "Ich war nicht einverstanden damit, dass sie so viele Drogen nimmt. Sie war so jung."

Mutter erreichte ihre Tochter nicht mehr

Tatsächlich hatte das Mädchen große Probleme. Nach dem Tod der Schwester rutschte es ab, begann mit dem Drogenkonsum, wie auch die Mutter einigen Journalisten vorab schildert. "Sie ist schnell in diese Milieu gekommen. Und sie hat leider den Falschen vertraut."

55-Jähriger nach Tod eines Mädchens angeklagt: Tumult bei Urteilsverkündung

Die Mutter der 16-Jährigen

Zwar wurde das Mädchen in der Wochenklinik am Rosenhügel betreut und kam am Wochenende nach Hause. Doch in der Woche ihres Todes kam die 16-Jährige plötzlich nicht mehr nach Hause. 

"Bin bei ein Freund"

"Wir hatten telefonischen Kontakt. Sie war sehr aufgedreht, hat mir erzählt, dass sie Kokain gekauft hat", erinnert sich die Mutter. Doch alles Zureden half nicht. Irgendwann hob die 16-Jährige nicht mehr das Telefon ab. Schrieb nur eine Nachricht: "Bin bei ein (sic!) Freund." Wenig später war sie tot. 

Auch die folgende Nacht verbrachte die 16-Jährige bei ihm. Dabei soll sie Kokain und Substitol konsumiert haben und in einen Dämmerzustand gefallen sein. Diesen Zustand soll der Mann für mehrmaligen Sex mit dem Mädchen genutzt haben. 

"Wunderschöner Abend mit tragischem Ende"

Doch auch diese ursprüngliche Aussage will er wieder zurückziehen. "Das war nur einmal. Wir hatten einen wunderschönen Abend und ein tragisches Ende." Der beisitzende Richter fasst zusammen. "Sie hatten also nur einmal Sex. Wie lange?" Die Antwort darauf sorgt für Irritation. "Ich bin ein toller Hecht."

Er habe nicht gemerkt, dass das Mädchen in den Morgenstunden nicht mehr lebte. Laut Gerichtsmedizin starb die 16-Jährige zwischen 6 und 10 Uhr in der Früh an den Folgen der Überdosis. Später rief der Mann die Polizei. "Moralisch komme ich damit gar nicht klar", erklärt der Angeklagte.

Nach mehreren Stunden Verhandlung kommt das Schöffengericht zu einem Urteil: Freispruch. "Es ist eine unglaublich tragische Geschichte", sagt die Richterin. Dennoch sei die Aussage des Angeklagten nicht zu widerlegen. 

Daraufhin kommt es zu einem Tumult im Gericht. Die Mutter und Freundinnen des toten Mädchens, die die Verhandlung verfolgt hatten, beginnen laut zu schimpfen und verlassen entrüstet den Saal.

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