Griaß Di in Ligi: Alkohol-Exzesse wie damals

Wenn man in "Ligi" ankommt, wie Lignano liebevoll vom österreichischen Nachwuchs genannt wird, dann entdeckt man beim Blick nach links vom Hotelbalkon einen nackten Mann. Die laute Musik kommt vom Balkon gegenüber. Dort sitzen Jugendliche, stilecht mit Schirmhut in einem Meer von Alkoholflaschen. Geht man am Whirlpool vorbei, hört man: "Kumm eini, trau di." Das ist Pfingsten an der Adria.
Jedes Jahr kommen rund 20.000 Österreicher, um an diesem verlängerten Wochenende alle Hemmungen fallen zu lassen. Nach zwei Jahren Corona-Pause lautet die Bilanz der diesjährigen Feierlichkeiten: mindestens drei junge Österreicher sind in das Spital nach Latisana gebracht worden, 20 weitere wurden in der Nacht auf Samstag ambulant behandelt. Und es gab etliche Anzeigen.
"Endlich leben"
Der gediegene Familienurlaub lässt sich hier in diesen Tagen natürlich nicht umsetzen. Manch italienische Familie hatte sofort die Flucht ergriffen. Die Österreicher sind gekommen, um "endlich wieder mal zu leben".
Es sind 20- bis 30-Jährige aus den nahe liegenden Bundesländern, von Tirol bis Steiermark, die es hierher verschlägt. Die Junglehrerin trinkt den weißen Spritzer aus dem 1-Liter-Krug an der Strandbar, genauso wie der Maurer. Viele kommen zum Poltern. "Jeder ist gleich drauf, jeder will Spaß haben", sagt der 22-jährige Steirer Fabian Plöbst.
Ligi ist bunt gemischt, vor allem dem Alkohol nicht abgeneigt. Die feuchtfröhliche Viertagesparty an der Adria ist nicht von Reiseveranstaltern organisiert, sondern von den jungen Erwachsenen selbst. Da werden schon mal 15.000 Euro investiert und sieben Boxen samt Anlage nach Lignano transportiert, um die mittlerweile legendäre Strandparty auszurichten.
Ein Meer als Pissoir
Dort feiern Tausende umringt von Plastikbechern, vergessenen Handtüchern, Flipflops und Kühlboxen im Sand. Die Stimmung ist ausgelassen, Erholung sucht man vergebens. Ungeniert wird das Meer als Pissoir genützt, ohne den Vorgang sonderlich zu verbergen.
Schon vorab hat der Bürgermeister von Lignano die Rettungsschwimmer zum Müllsammeln eingeteilt. Gemeinsam mit freiwilligen Feierwütigen entsorgen sie alles, was liegen bleibt. Alles bis auf alkoholisierte Freunde, die bleiben neben den Müllsäcken liegen. Der Alkoholkonsum und das Müllproblem sind die Hauptkritikpunkte an den Party-Urlaubern. Dem begegnet man übrigens auch in der Fußgängerzone, rund um die Piazza Fontana.
Melonen-Verbote
Dort hat Bürgermeister Luca Fanotto veranlasst, dass weder aus Glas noch Dosen getrunken werden darf. Die Brunnen wurden trockengelegt und abgesperrt, damit dort niemand ein Bad nimmt. Melonen wurden verbannt, damit sie nicht mit Alkohol gefüllt werden. Unterstützung bekamen die "Carabinieri" von Kollegen aus Kärnten und Südtirol.
Zu viel sei in vergangenen Jahren passiert. Erinnerungswürdig: Ein junger Mann, der nackt auf die Kirche kletterte. Immer wieder gab es Betretungsverbote: Österreicher durften für drei Jahre nicht in den Ort zurückkehren. Diesmal drohte man (nur) mit hohen Strafen.
Ein Anrainer sagt, das alles werfe ein schlechtes Bild auf Lignano. Es sei ein Imageschaden, auch für Österreich.
Die Hotels waren jedoch ausgebucht. Und auch die Getränkepreise stiegen kurz vor dem Wochenende an. Gastronom Marco aus dem Café Plaza kritisiert die Kommunalpolitik: Man wisse, dass die "austriaci" jedes Jahr zu Pfingsten kommen. "Wir fordern eine Administration der Stadt: Festivalbänder im Zentrum für mehr Sicherheit, eine Bühne, mehr Sanitäter." Am 12. Juni wird in "Ligi" neu gewählt. Einer Veränderung steht also theoretisch nichts mehr im Wege.
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