Personalnot ohne Ende in Wiens Gemeindespitälern

Personalnot ohne Ende in Wiens Gemeindespitälern
Abteilungen, die öffentlich über akute Versorgungsengpässe klagen, gehören mittlerweile zum Alltag. Über die Ursachen streiten die Akteure

Kein Ende nehmen wollen die Personalprobleme in den Wiener Gemeindespitälern. Waren es zuletzt vor allem die Kinder- und Jugendpsychiater, die mit Gefährdungsanzeigen auf den gravierenden Medizinermangel in den Krankenhäusern Hietzing und Floridsdorf hinwiesen, bildet sich jetzt die Klinik Favoriten als neuer, zusätzlicher Krisenherd heraus.

Wie bereits auf kurier.at berichtet, kämpft die dortige Urologie mit massivem Personalmangel. Patienten, die eine OP benötigen, werden nicht angenommen oder an andere Spitäler verwiesen. Dem Vernehmen nach fehlt es vor allem an Anästhesisten, ohne die nicht operiert werden kann.

Von einer „Momentaufnahme“ spricht man im Wiener Gesundheitsverbund (Wigev). Auslöser für die aktuellen Engpässe sei eine Kombination aus Urlaubszeit, pandemiebedingten Ausfällen und einer hohen Zahl an Gastpatienten aus den anderen Bundesländern.

Personalnot ohne Ende in Wiens Gemeindespitälern

Ärztevertreter wollen allerdings nicht glauben, dass es sich bloß um eine temporäre Personalknappheit handle. Vielmehr orten sie tiefgreifende strukturelle Probleme hinter den Engpässen. Allen voran das noch unter Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) eingeleitete Spitalskonzept 2030. Es sieht die Bündelung der medizinischen Leistungen auf nur mehr sechs Standorte (+AKH) vor, wodurch die Versorgung effizienter werden soll (siehe Grafik).

„Statt fünf gibt es jetzt nur mehr drei Urologie-Abteilungen“, schildert Stefan Ferenci, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer und Kurienobmann der Spitalsärzte. Während des Transformationsprozesses sei jedoch einiges an Personal verloren gegangen. Kollegen, die die Veränderung nicht mitmachen wollten, seien in den niedergelassenen Bereich oder in die Pension gewechselt. „Diese Abgänge wurden aber vom Wigev nicht ausgeglichen, weshalb in Summe jetzt die Kapazitäten geringer sind“, sagt der Kammer-Vertreter.

Nächster Krise droht

Er befürchtet demnächst auch in anderen Fächern, wie HNO oder Dermatologie, gröbere Engpässe, wo im Rahmen des Spitalskonzepts ebenfalls Verlagerungen bzw. Zusammenlegungen von Abteilungen geplant sind.

Personalnot ohne Ende in Wiens Gemeindespitälern

Stefan Ferenci, Ärztekammer

Im Wigev widerspricht man heftig: „Insgesamt ist im Zuge der Umsetzung des neuen Leistungsorganisationskonzepts der Gesamtleistungsumfang nicht reduziert worden“, betont ein Sprecher.

Personalnot ohne Ende in Wiens Gemeindespitälern

Ähnlich umstritten ist die Frage, wie sehr die Gastpatienten das Wiener Spitalssystem an die Kapazitätsgrenze bringen. Laut Wigev würden sie in der Urologie bis zu 20 Prozent ausmachen, die meisten kämen aus Niederösterreich.

„Das Argument, dass sie die Kapazitäten belasten, ist richtig. Aber dieses Faktum ist nicht neu. Ich wüsste nicht, dass es zuletzt einen Anstieg der Gastpatienten gegeben hätte“, sagt Ferenci.

Im Wigev spricht man von einem konstant hohen Niveau. Bleibt die Frage, warum sich so viele Niederösterreicher auch bei vergleichsweise banalen Beschwerden, wie Nierensteinen, lieber in Wien als daheim behandeln lassen. „Offensichtlich übt die besondere medizinische Expertise unserer Kollegen eine beträchtliche Sogwirkung aus“, sagt der Wigev-Sprecher.

Zuletzt hatte sich Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) über diese Schieflage beschwert. Der Spielraum der Stadt, hier gegenzusteuern, ist aber beschränkt. Patienten mit akuten Beschwerden können nicht weggeschickt werden. „Bei elektiven Eingriffen, die ohne negative Auswirkungen auf den Patienten auch in den Bundesländern durchgeführt werden können, weisen wir auf diese Möglichkeit hin“, sagt der Sprecher. „Darüberhinausgehend haben wir auf den Zufluss von Patienten keinerlei Einfluss.“

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