Nein, Ludwig van Beethoven liegt hier nicht begraben, wie ein deutsches Touristenpaar Samstagvormittag mutmaßt. Die Schlange vor der Aufbahrungshalle 2 auf dem Wiener Zentralfriedhof gebührt einem anderen Musiker: Dr. Kurt Ostbahn.
Und dem Menschen dahinter: Willi Resetarits.
Am 24. April wurde bekannt, dass der Sänger, Musiker und Menschenrechtsaktivist verunglückt war. Resetarits war zu Hause in Wien über eine Treppe gestürzt. Ab 9.30 Uhr (und bis 17 Uhr) war die Aufbahrungshalle am Samstag für all jene geöffnet, die sich von Resetarits persönlich verabschieden wollten. Einige waren in Freundesgruppen gekommen, viele zu zweit, manche mit den Kindern. Und in dieser wie jener Gruppe viele in Fan-Shirts. „Seid’s vuasichtig“ – steht auf dem einen. „Ois hat sei End“ auf einem anderen. Kurt Ostbahns Weisheiten, sie bekamen an diesem Samstag eine neue, dem Anlass entsprechende Bedeutung.
Zwischen 8.30 und 9.30 Uhr war die Aufbahrungshalle Politikern und Prominenten vorbehalten. Bundespräsident Alexander Van der Bellen war gekommen (und verneigte sich), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), die für Kultur zuständige Staatssekretärin Andrea Maier, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (beide SPÖ) und die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler.
„Heuer wären die Kinder schon groß gewesen und wir hätten zum Konzert gehen können", sagen Alexandra, Martin, Frieda und Ruth Neumaier enttäuscht.
„Von der ÖVP habe ich niemand gesehen“, sagt eine Frau, die „dem Willi“ die letzte Ehre erweist. Ein Seitenhieb, denn Resetarits war ein zutiefst politischer Mensch, Mitbegründer von Asyl in Not, SOS Mitmensch und dem Integrationshaus.
Dass Resetarits mehr war als sein Alter Ego Kurt Ostbahn, zeigte sich am Samstag nicht nur bei Gesprächen mit seinen Fans, sondern auch an seinem Sarg. Die Ehrenwache hielten Wegbegleiter – etwa Kolleginnen aus dem Integrationshaus – und Gefährten aus Stinatz, etwa die ehemalige Volksanwältin Terezija Stoisits. In Stinatz kam Wilhelm Thomas Resetarits am 21. Dezember 1948 zur Welt kam.
Langer Begleiter
Mit dem Tod von Willi Resetarits verlieren viele nicht nur einen Musiker, dessen Lieder und Texte man gerne hörte und dessen Konzerte man hin und wieder besuchte, sondern einen Wegbegleiter – über Jahre. „Es ist schon komisch. Man kennt den Menschen persönlich nicht, aber verbringt so viel Zeit mit ihm“, sagt Maggy. Sie ist am Samstag mit Rudi gekommen. Das erste Konzert, das beide von ihm gesehen haben, war jenes mit den Schmetterlingen, 1974 bei der WIG (Wiener Internationale Gartenschau) in Oberlaa. „Der Willi Resetarits war eine stille Ikone der Menschlichkeit einerseits und der Ostbahn-Kurti andererseits ein begnadeter Geschichtenerzähler mit unglaublich viel Gefühl“, sagt Rudi.
Viele sind am Samstag sichtlich mitgenommen. Im Gegensatz zu vergangenen Verabschiedungen prominenter Persönlichkeiten, hat jene von Resetarits wenig einem Event zu tun, das man sich als Fan nicht entgehen lassen will, und mehr mit einem echten Abschied – in Trauer.
4.000 haben sich ins Online-Kondolenzbuch der Bestattung Wien eingetragen. Etwa 3.500 Menschen erwiesen Willi Resetarits die letzte Ehre. Viele verbeugten sich vor dem Sarg, manche legten Blumen nieder, einer eine Sonnenbrille und eine schickte ein Bussi.
„Am 24. April“, sagt Fan Günter, „da war der Ostbahn Kurti amoi zweng vuasichtig.“
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