Oberlaa: Mit Brot gegen den Bodenverlust

Durch den Ukraine-Krieg ist Getreide und die damit verbundene Ernährungssicherheit auch in der Stadt vermehrt in den Fokus gerückt. Doch bereits die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass offene Grenzen – auch was Lieferungen betrifft – keine Selbstverständlichkeit seien, so Gerlind Weber, die bis zu ihrer Pensionierung das Institut für Raumplanung und Ländliche Neuordnung an der Universität für Bodenkultur geleitet hat.
„Jede dritte verzehrte Kalorie in Österreich ist eine Importkalorie. Wir sind also im höchsten Ausmaß abhängig vom Ausland“, sagt Weber. Umso wichtiger sei der Schutz der heimischen Böden. Aber: „Der Moloch Stadt dringt immer weiter auf die Landwirtschaftsflächen vor.“
Tatsächlich gab es 2018 laut Statistik von Agrar-Markt Austria (AMA) noch 2.819 Hektar an Ackerbauflächen in Wien, derzeit sind es nur noch 2.605 Hektar.
Zusammenschluss
In Oberlaa will man darum verstärkt auf das Thema aufmerksam machen und der Landwirtschaft ein eigenes Gesicht geben – und zwar in Form eines Brotes. Mehrere Landwirte haben sich dafür mit der Mühle von Müller Philipp Polsterer und der Bäckerei Schrott zusammengetan und das Oberlaaer Bauernbrot entwickelt.
„Wir wollen das Bewusstsein für die Wiener-Agrarwirtschaft und den Wert der Böden stärken“, sagt Biobauer Markus Sandbichler. Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges habe sich die Haltung zur biologischen Landwirtschaft verändert. Durch die steigenden Preise würden Bioprodukte als Luxusgüter abgestempelt. Das Bauernbrot solle zeigen, dass eine nachhaltige und bewusste Landwirtschaft in Wien möglich sei. Die Hauptzutaten Roggen und Weizen stammen von den Bäuerinnen und Bauern der Erzeugergemeinschaft Oberlaaer Bauern und werden in einem Umkreis von maximal 15 Kilometer um den Ortskern Oberlaas angebaut. In einem Umkreis von maximal 30 Kilometern werden diese dann verarbeitet – also gemahlen und gebacken.
Alle Mitwirkenden sind Familienbetriebe. „Manche sind schon seit zehn Generationen hier ansässig, da hat Oberlaa noch nicht einmal zu Wien gehört“, erklärt Sandbichler. Politiker und auch Handelsketten müssten die Bedeutung von regionalen Lebensmitteln mehr unterstreichen, sagt Polsterer. Anhand von Ländern in Nordafrika, die sich nicht selber versorgen können, sehe man derzeit, wie schlimm es sei, wenn die Versorgung zusammenbreche. Von der Politik wünsche er sich Unterstützung beim derzeit herrschenden Arbeitermangel.
Besonders seien die Konsumenten gefragt, so Sandbichler. „Auf die muss man sogar noch mehr hoffen als auf die Politik.“ Das Brot stehe für die Haltung, etwas in Richtung mehr Regionalität verändern zu wollen – ein Trend, der ohnehin schon durch die Pandemie befeuert wurde.
Mehr als ein Hobby
Er selbst sei während eines Lockdowns auf die Brot-Idee gekommen. Während viele Privatpersonen in den heimischen Küchen als Hobby ebenfalls gebacken haben, hat Sandbichler ein professionelles Projekt aufgezogen. „Uns war von Anfang an klar, dass das nix werden kann, wenn das Brot nicht schmeckt.“
In die Entwicklung des Roggen-Weizen-Mischbrotes habe man darum viel Mühe gesteckt“, sagt Bäcker Jeremiah Schrott. Sieben Rezepte habe man ausprobiert und bei einer Blindverkostung getestet. Dabei sei ganz klar rausgekommen: Die Wienerinnen und Wiener sind keine Freunde von Gewürzen. Alle stärker gewürzten Varianten sind schon in den ersten Runden rausgeflogen.
Derzeit werden rund 100 Laibe pro Tag produziert, so Schrott. Verkauft werden sie in rund 20 Billa-Plus-Filialen um 5,99 Euro in Favoriten und Liesing. Außerdem gibt es das Brot auch beim GreisLaa (10., Oberlaaer Platz 4) zu kaufen. (Weitere Infos dazu unter www.oberlaaer.at).
Ein Verkauf in ganz Österreich sei aber nicht geplant, so Schrott. „Dafür ist unsere Bäckerei zu klein.“
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