Viertel wird im Inneren autofrei
Weite Teile der Projektunterlagen werden den selbst gesteckten, grünen Maßstäben gerecht. So wird im Zentrum des 44 Hektar großen Gebiets ein zehn Hektar großer Grünraum, die „Grüne Mitte“, entstehen; zudem müssen laut Auflagen 30.000 m2 Dachfläche als „Gräser-Kräuter-Gründächer“ ausgeführt werden.
Auch in puncto Mobilität soll das Stadtentwicklungsgebiet Maßstäbe setzen. So wird es keine Durchfahrtsmöglichkeit für Autos geben, innerhalb des Geländes wird man sich nur zu Fuß oder mit dem Rad fortbewegen können. Und natürlich mit den Öffis: So wird die neue Straßenbahnlinie 12 das Gebiet ab 2025 um-, und je nach Besiedelungsfortschritt, später auch durchfahren.
Maximum an Parkplätzen muss gebaut werden
Ein Wiener Dauerbrenner sorgt aber selbst im grünen Vorzeigestadtteil für Unmut: Parkplätze. An sich kann die Stadt laut Garagengesetz die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen in räumlich begrenzten Teilen des Stadtgebietes durch ein sogenanntes „Stellplatzregulativ“ um bis zu 90 Prozent reduzieren.
Eine Möglichkeit, die durchaus wahrgenommen wird. So müssen im Stadtentwicklungsgebiet Rothneusiedl am äußersten Stadtrand etwa nur 0,3 Parkplätze pro 100 m2 Wohnfläche errichtet werden.
Für den Nordwestbahnhof ist im seit letzter Woche aufliegenden Entwurf des Flächenwidmungsplans hingegen kein Regulativ vorgesehen – trotz bester Öffi-Anbindung durch U6, S-Bahn und Bim.
Grüne befürchten negative Auswirkungen auf Pkw-Dichte
Die Folge: Mit 0,7 Parkplätzen pro 100 m2 Wohnfläche müssen mehr als doppelt so viele wie in Süd-Favoriten errichtet werden. Für die Grünen vollkommen unverständlich: „Wenn man nicht hier reduziert, wo dann?“, fragt sich Mobilitätssprecher Kilian Stark. Angesichts der Ziele der Stadt, den Kfz-Verkehr zurückzudrängen, sei das „jenseits von Gut und Böse“.
Denn klar ist: Das Angebot schafft im Verkehr die Nachfrage. Das gilt für Straßen, für Öffis und Radwege und für Parkplätze. Die Stadt will den Motorisierungsgrad bis 2030 von 300 auf 250 Privat-Pkw pro 1.000 Einwohner senken. Im 20. Bezirk würde er Stark zufolge jedoch durch den Nordwestbahnhof bis 2035 von 283 auf 291 ansteigen. Gerade innerstädtisch müsste man aber deutlich unter 250 kommen, um den stärker motorisierten Stadtrand zu kompensieren.
Hinzu kommt, dass das Ausschöpfen des Parkplatz-Maximums die Baukosten und somit den Wohnraum verteuert. Sei ein Garagenplatz – und nur die sind vorgesehen – doch nicht unter 35.000 Euro zu haben, sagt Stark.
Fachbeirat empfiehlt "dringend" Reduktion
Kritik kommt freilich nicht nur von den Grünen. Der Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung schrieb bereits im Mai, es werde „dringend empfohlen, die Anzahl der Pkw-Stellplätze zu reduzieren und ein Stellplatzregulativ nach dem Stand der Technik – im Sinne einer klimaneutralen Stadt – festzusetzen“.
Ganz im Sinne der Bürgerinitiative Nordwestbahnhof, die eine Reduzierung der Parkplätze um 50 (Minimum) bis 90 Prozent (Wunschvorstellung) fordert. Dass die Stadt von einem autofreien Areal spreche, sei eine „Mogelpackung“, sagt Sprecher Rolf Nagel. Über die Stichstraßen, die die Zufahrt zu den Garagen am Areal gewährleisten werden, würden am Ende bis zu 6.400 Autos fahren; im Grätzel dadurch künftig der Verkehr „toben“.
Die entscheidende Frage, warum es nun angesichts dieser Einwände kein Stellplatzregulativ gibt, bleibt vorerst leider unbeantwortet. Der Leiter der zuständigen MA 21B (Stadtteilplanung und Flächenwidmung Nordost), Christoph Hrncir, bestätigt lediglich, dass man sich an den Vorgaben im Garagengesetz bzw. dessen geplanter Neufassung im Zuge der Bauordnungsnovelle orientieren werde - und somit an den besagten 0,7 Stellplätzen pro 100 m2 Wohnfläche.
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