Nationalfeiertag: Eine kleine Kapitulation vor dem Virus

Nationalfeiertag: Eine kleine Kapitulation vor dem Virus
Ab sofort gelten wieder strengere Corona-Regeln. Erste Leidtragende: die traditionelle Heeresschau.

Ein kleiner Spalt zwischen zwei Bauzäunen. Viel mehr blieb all jenen Österreichern, die sich am gestrigen Montag auf den Wiener Heldenplatz wagten, nicht. Denn die traditionellen Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag fanden dieses Jahr (fast) unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Die Debatten über die teure Leistungsschau waren bereits in den vergangenen Jahren groß, im Vorjahr gipfelten sie in einer Fast-Absage. Am Ende konnten aber selbst die größten Budgetnöte der Veranstaltung nichts anhaben.

"Das Virus nervt" - Zuversicht und Apelle zum Zusammenhalt am Nationalfeiertag.

Erst vor dem Virus musste nun auch das Bundesheer kapitulieren. Und das ausgerechnet zum 25-Jahr-Jubiläum der Veranstaltung.

Ab sofort gelten in Österreich wieder strengere Corona-Regeln (siehe unten) – die Leistungsschau zählte zu den ersten Leidtragenden. Bis zu einer dreiviertel Million Besucher strömen in normalen Jahren auf den Heldenplatz, an die 1.000 Rekruten wurden vergangenes Jahr im Beisein der Staatsspitze angelobt. Voller Stolz zeigt sich das Heer hier mit all seinem Gerät.

Nationalfeiertag: Eine kleine Kapitulation vor dem Virus

Manche fanden ein Gucklock, anderen war eher fad: Das Heer beging den Nationalfeiertag im Corona-Modus.

Zu sehen gab es all das dieses Jahr nur im Fernsehen und im Internet – und selbst dort nur in einer stark abgespeckten Variante. Das schwere Gerät ließ das Heer in den Kasernen, statt hunderten Rekruten marschierten nur zwölf Auserwählte zur Angelobung auf – darunter eine Frau.

Wer sich der Bitte, zu Hause zu bleiben, widersetzte, für den gab es auf dem Heldenplatz selbst dann tatsächlich wenig zu sehen. Die Organisatoren setzten auf ein visuelles Abschreckungsmanöver: Das gesamte Areal war mit Zäunen abgesperrt und mit blickdichten Transparenten des Heeres verhangen. „Wir schützen Österreich“ stand darauf zu lesen. Ein Motto, das an diesem Tag eine völlig neue Bedeutung erhielt.

Wer dennoch einen Blick auf Soldaten und die anwesenden Spitzenpolitiker erhaschen wollte (und keine Lücke in den Bauzäunen mehr fand), dem blieb nur die Reiterstatue vor der Nationalbibliothek. Dutzende Schaulustige erklommen den Sockel, auf dem üblicherweise Prinz Eugen ganz alleine hoch zu Ross thront.

Zu hören gab es dennoch nichts. Auch das war Teil der Strategie, die Menschen vom Mitfeiern vor Ort abzuhalten. Die Reden während der Angelobung wurden nicht laut übertragen, nur die Klänge der Militärmusik hallten von den Fassaden wider.

Einschwören

Der gesamte Festakt, beginnend mit der morgendlichen Kranzniederlegung und dem traditionellen Sonderministerrat, stand im Zeichen von Corona. Die heimische Spitzenpolitik – von Bundespräsident, Kanzler und Wiener Bürgermeister abwärts – beschwor den Zusammenhalt und stimmte die Bevölkerung auf die kommenden schwierigen Krisenmonate ein. Und das mit durchaus klaren Worten: „Die Lage ist sehr, sehr ernst“, sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach dem Ministerrat (siehe unten).

Ein „neues Wir“ beschwor wenig später auf dem Heldenplatz Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ): „Wir halten räumlich Distanz, nicht soziale Distanz“. Österreich sei immer am stärksten gewesen, wenn die Menschen zusammengehalten haben.

Auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) forderte im Kampf gegen die Pandemie den Zusammenhalt der Bevölkerung ein: „Unser Heer wird immer für uns da sein“, so Tanner. Den Sieg gegen den unsichtbaren Feind könne das Heer aber nicht erringen, wenn nicht die gesamte Bevölkerung mitmache und die Maßnahmen gegen Corona mittrage.

Bundespräsident ruft zum Durchhalten auf

Die Disziplin der Bevölkerung war – zumindest am Heldenplatz – an diesem Tag hoch. Mehr zu tun hatte die Polizei da schon vor der Oper, wo mehrere hundert Corona-Leugner, Maskenverweigerer und Impfgegner demonstrierten. Bei der Polizei sieht man den Verschärfungen insgesamt aber gelassen entgegen: Man setze vor allem auf Kommunikation und wolle „nicht überfallsartig Leute auf der Straße kontrollieren“, heißt es. Nur dort, „wo keine Einsicht gegeben ist“, werde man mit Organmandaten und Anzeigen handeln.

Der Blick durch den Bauzaun, der blieb gestern jedenfalls straffrei.

Kommentare