Mord in Gerasdorf: Opfer wollte angeblich BMW gegen Glock 17 eintauschen
Der zweite Verdächtige, der nach der Bluttat in Gerasdorf bei Wien festgenommen wurde, hat aus Sicht seines Anwalts Michael Schnarch nichts mit den tödlichen Schüssen auf den gebürtigen Tschetschenen Martin B. alias "Ansor aus Wien" zu tun. Vielmehr wollte er den mutmaßlichen Schützen aufhalten, indem er versuchte, auf sein Fluchtauto zu schießen. Seine Pistole hatte allerdings eine Ladehemmung.
Nachdem am Abend des 4. Juli der bekannte tschetschenische Videoblogger Martin B. nahe Wien getötet wurde, waren zwei Tschetschenen festgenommen worden. Während sich der Verdacht gegen den 47-jährigen Sar-Ali A., erhärtete - die Ermittler des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) Niederösterreich verdächtigen ihn als Todesschützen - blieben die Vorwürfe gegen den zweiten Festgenommenen zunächst unklar.
Bei der Pressekonferenz der niederösterreichischen Ermittlungsbehörden am 9. Juli hieß es, dass diese zweite Person laut eigenen Angaben gemeinsam mit dem späteren Opfer zum Tatort gekommen sei und sich bei der Befragung immer wieder in Widersprüche verwickelte habe.
U-Haft verlängert
Die Untersuchungshaft gegen den 37-Jährigen wurde nun ebenfalls verlängert - aber weil die Ermittlungsbehörden davon ausgehen, dass er den flüchtenden mutmaßlichen Todesschützen töten wollte. Ahmed A. streitet die Mordabsicht ab. Er habe lediglich auf die Reifen schießen wollen, berichtete sein Anwalt.
Neben des Verdachts des versuchten Mordes, wird er allerdings auch des unerlaubten Waffenbesitzes sowie weiterer Gewaltdelikte verdächtigt, die aber in keinem Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt in Gerasdorf stehen.
Gegenüber den ermittelnden Beamten bestritt Ahmed A., dass er versucht habe, Sar-Ali A. zu töten. "Nach seinen glaubhaften Aussagen hat er lediglich versucht, auf die Reifen des Fahrzeuges, mit dem der Täter flüchtete, zu schießen. Die Waffe hatte aber Ladehemmung und es ist nicht dazu gekommen", erklärte sein Anwalt im Gespräch mit der APA.
Sein Mandant habe durch seine Angaben maßgeblich zur Festnahme des mutmaßlichen Täters Sar-Ali A. beigetragen, betonte Schnarch. Demnach hatte Ahmed A. nicht nur einen Notruf abgesetzt, sondern die Behörden insbesondere auch über das Kennzeichen jenes Fahrzeugs informiert, in dem Sar-Ali A. am Abend des 4. Juli aus Gerasdorf in Richtung Linz fuhr.
Vorgeschichte als Bodyguard
Ahmed A. berichtete laut seinem Verteidiger in seinen Vernehmungen auch über weitere Details zur Vorgeschichte der Bluttat. Etwa ein Monat davor sei er von seinem langjährigen Bekannten Martin B. gebeten worden, ihn als Bodyguard zu begleiten. Für diese Aufpassertätigkeiten habe B. eine Pistole vom Typ Tokarev Kaliber 7,62 mm zur Verfügung gestellt.
Scheinbar wollte sich das spätere Todesopfer eine weitere Waffe zulegen. Dazu traf er sich mit dem späteren mutmaßlichen Todesschützen - er wurde von Ahmed A. als "Waffenhändler" bezeichnet -, um bei Sar-Ali A. einen BMW 7 gegen eine Glock 17 einzutauschen.
Das Treffen endete letzten Endes tödlich. Ahmed A. gab in seinen Aussagen an, dass er die Bluttat von Gerasdorf für einen Auftragsmord aus Tschetschenien erachtet. Sar-Ali A. hat bisher von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch gemacht.
Gegenüber dem KURIER kritisierte Michael Schnarch, dass die Ermittlungen des LVT Niederösterreich zu den Hintergründen der Tat in Richtung möglicher Auftraggeber in Tschetschenien oder Russland "nicht ausreichend" seien.
Ermittlungen "in alle Richtungen"
"Mein Mandant ist völlig unschuldig. Das zu bezeugen, dazu wären auch Beamte des Wiener Verfassungsschutzes bereit", meint Schnarch. Sein Mandant habe mit dem Wiener LVT zusammengearbeitet. Beim LVT Niederösterreich will man sich zu diesen Vorwürfen nicht äußern - man warte noch auf die Ergebnisse der Tatortuntersuchung, erst dann werde zu den möglichen Hintergründen ermittelt, erklärt ein Sprecher.
"Es werden in letzter Zeit viele Spekulationen gestreut, die die Ermittlungen in bestimmte Richtungen drängen wollen", sagt der Sprecher. Ermittelt werde aber immer noch "in alle Richtungen". Die Tatwaffe wurde unterdessen noch immer nicht gefunden.
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